Vor 50 Jahren starb der Schönstatt-Gründer Josef Kentenich

Marienfrömmigkeit als Herzensanliegen

Veröffentlicht am 15.09.2018 um 13:01 Uhr – Lesedauer: 
Orden

Bonn ‐ "Der Prophet im eigenen Land ist nichts wert". Auch wenn Josef Kentenich kein Prophet war, scheint diese Redensart auch auf den Gründer der Schönstatt-Bewegung zuzutreffen. Heute vor 50 Jahren ist er gestorben.

  • Teilen:

Es sieht aus wie eine unscheinbare Dorfkapelle: schlichte Holzbänke, vorne ein schlichtes Marienbildnis mit Jesuskind. An jedem anderen Ort würde das kleine Gebäude kaum Beachtung finden. Anders in Schönstatt. Die Kapelle in dem Ortsteil des rheinischen Vallendar bildet das sogenannte Urheiligtum der Internationalen Schönstatt-Bewegung. Millionen Menschen aus aller Welt haben sich hier, an ihrem Ursprungsort, schon an Maria gewandt und Kraft und Orientierung gefunden. Der Gründer der Bewegung, der Pallottiner Josef Kentenich, starb vor 50 Jahren – am 15. September 1968.

Er stammte aus kleinbäuerlichen Verhältnissen. Mit acht Jahren gab ihn seine Mutter in ein Waisenhaus. Sie unterstellte ihn dabei der Fürsorge der Gottesmutter; eine Geste, die den Jungen nachhaltig berührt haben muss. Seine tiefe Religiosität ließ den 1904 in die Gemeinschaft der Pallottiner eingetretenen und 1910 zum Priester geweihten Kentenich zu einem charismatischen Kirchenlehrer heranwachsen. Als Spiritual des Studienheimes der Pallottiner in Schönstatt stand er den Heranwachsenden als Berater und väterlicher Freund zur Seite. Er entfaltete die Vision "von einem neuen Menschen in einer neuen Gemeinschaft", der sich aus freiem Entschluss durch Selbsterziehung heiligt.

Die Gründung einer neuartigen Laienbewegung

Lange vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil gründete er mit seinen Schülern 1918 eine Marianische Kongregation. In dieser völlig neuartigen Laienbewegung entwickelte er eine dem 20. Jahrhundert angepasste Form des kirchlichen Lebens. Aus dieser Kongregation entstand das heutige Schönstattwerk. Geistliches Zentrum ist die kleine, unscheinbare Marienkapelle in Schönstatt. Dort hatte Kentenich 1914 einen Schwur an die Muttergottes geleistet, das "Liebesbündnis": Wenn dort genügend Menschen zu Maria beteten, möge diese den Raum mit ihrer Kraft füllen. Bald suchten immer mehr Menschen diesen Kraftort auf.

Zwischen den beiden Weltkriegen wuchs die Schönstatt-Bewegung beträchtlich. Etwa ein Drittel des deutschen Klerus besuchte die Exerzitien Pater Kentenichs. Er erkannte bald die zerstörerischen Kräfte im Nationalsozialismus und lehnte ihn radikal ab. Von den Nationalsozialisten wurde er vier Jahre im Konzentrationslager Dachau festgehalten, wo er weiter als Seelsorger wirkte und zwei neue Gruppierungen der Schönstattbewegung gründete.

Linktipp: "Wir sind keine Marienanbeter"

Die Schönstatt-Bewegung gibt es seit 100 Jahren. Sie gilt als Vorläufer der neuen Gemeinschaften. Generaloberer Heinrich Walter spricht darüber.

Die Nachkriegsjahre brachten eine starke Internationalisierung der geistlichen Erneuerungsbewegung; besonders in Lateinamerika fasste Schönstatt Fuß. Die Dynamik und die neuen pastoralen Formen sorgten – zwei Jahrzehnte vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil – aber auch für Ablehnung in der Kirche. Wesentliche Elemente der Bewegung – wie die Erklärung der kleinen Kapelle zum wirkmächtigen "Gnadenort" Marias – wurden angezweifelt. Es kam zu kirchenamtlichen Visitationen, die zu einer Amtsenthebung Kentenichs als Leiter der Bewegung führten.

Nach Gesprächen in Rom verfügte Papst Paul VI. am 22. Oktober 1965 die Aufhebung der Dekrete über ihn. Mit Erlaubnis Roms verließ Kentenich die Gemeinschaft der Pallottiner, um sich seiner nun kirchlich anerkannten Gründung voll zu widmen. Noch fast drei Jahre konnte der nun 80-Jährige seiner inzwischen weltweit verbreiteten Bewegung Impulse geben. Am 15. September 1968 starb er nach der Zelebration seiner ersten Messe in der neu erbauten Dreifaltigkeitskirche in Schönstatt.

"Auch 50 Jahre nach seinem Tod noch eine permanente Inspiration"

Wie wichtig die Person des Gründers noch heute ist, verdeutlicht der Leiter der katholischen Schönstatt-Bewegung in Deutschland: "Pater Kentenich sehe ich als einen geistlichen Menschen, der für uns auch 50 Jahre nach seinem Tod noch eine permanente Inspiration ist", sagt Pater Ludwig Güthlein. "Sein Anliegen war, das alltägliche und das geistliche Leben in seinem Zusammenhang zu begreifen."

Heute gibt es in 33 Ländern rund 210 originalgetreue Nachbauten des "Urheiligtums", alleine in Deutschland stehen 55 davon in 25 Diözesen. Das erklärt, warum sich am "Urheiligtum" selbst der Besucherandrang eher in Grenzen hält. In Deutschland engagieren sich nach Angaben der Bewegung rund 18.000 Mitglieder. Weltweit seien etwa 140.000 Menschen in der Schönstatt-Bewegung aktiv.

Von Angelika Prauß (KNA)