Missbrauch: Bistum Würzburg lässt Akten von Justiz erneut prüfen
Das Bistum Würzburg will Verdachtsfälle von sexuellem Missbrauch noch einmal von der Staatsanwaltschaft prüfen lassen. Das kündigte Bischof Franz Jung am Mittwochabend in Würzburg bei einer Podiumsdiskussion an. Er habe darüber persönlich mit dem zuständigen Generalstaatsanwalt in Bamberg gesprochen. Konkret sind laut Bistum bereits alle in der jüngsten Missbrauchsstudie erfassten Verdachtsfälle übergeben worden. Dazu kämen Fälle bis zurück zum Jahr 1970, dem längstmöglichen Verjährungszeitraum.
Dazu will das Bistum alle Akten von Priestern bis zurück zum Jahr 1946 von einer unabhängigen Anwaltskanzlei untersuchen lassen. Dies betreffe weitere etwa 3.000 weitere Akten, sagte Jung. Im Rahmen der Missbrauchsstudie der Deutschen Bischofskonferenz waren in Würzburg alle Priesterakten zwischen 2000 und 2015 in den Blick genommen worden, dazu auch vorherige Akten bis 1946 aus dem sogenannten Geheimarchiv. Das werde nun im Bistum ausgeweitet, betonte Jung. Zudem sollen auch die diözesanen Internate noch einmal genauer in den Blick genommen werden. Es sollen zudem Opfer bei der Aufarbeitung im Bistum einbezogen werden, sagte der Bischof.
Nach der Veröffentlichung der jüngsten Studie hatten die Generalstaatsanwaltschaften in Bayern von den katholischen Bistümern relevante Akten angefordert. Zwar ergäben sich aus der Untersuchung unmittelbar keine konkreten Hinweise auf bestimmte Straftaten, hieß es damals. Ihr lägen jedoch "sicherlich nach Ort, Zeit und Beteiligten konkretisierte Sachverhalte zugrunde". Die bayerischen Bistümer erklärten daraufhin, dass sie mit der Justiz zusammenarbeiten wollen.
Auch andere bayerische Bistümer arbeiten mit Justiz zusammen
Das Erzbistum München und Freising stellt nach Aussage eines Sprechers derzeit alle Fälle aus der Studie zusammen, die noch nicht angezeigt wurden. Die Ermittlungsbehörde erhalte dann in anonymisierter Form Bögen zu Tätern und Opfern. Fordere die Staatsanwaltschaft die Akten zu einzelnen Fällen an, bekomme sie diese. Das Bistum Augsburg verwies auf ein Gespräch, das vor wenigen Tagen mit der Generalstaatsanwaltschaft in München geführt worden sei. "In Konsequenz dieses Gespräches werden derzeit alle im Rahmen der MHG-Studie erfassten Missbrauchsfälle zusammengestellt und in nächster Zeit dorthin übermittelt." Dies erfolge auch, wenn erkennbar eine strafrechtliche Verjährung eingetreten sei.
Für das Bistum Regensburg erklärte Generalvikar Michael Fuchs auf Anfrage, es habe bereits vor Wochen ein "sehr gutes Gespräch" mit der Staatsanwaltschaft gegeben. Vom Bistum seien dabei keine Akten verlangt worden, dieses habe aber in "einigen unsicheren Fällen" von sich aus um eine Prüfung gebeten. Die Zahl bewege sich "im einstelligen Bereich". Der Passauer Generalvikar Klaus Metzl sagte, aufgrund eines Anschreibens der Generalstaatsanwaltschaft München seien "alle einschlägigen Personalakten erneut der Staatsanwaltschaft Passau zur Prüfung vorgelegt" worden. Bereits in der Vergangenheit, im Besonderen seit 2010, habe das Bistum beim "geringsten Verdacht" offensiv mit den Ermittlungsbehörden zusammengearbeitet.
Für die katholische Kirche hatten Wissenschaftler die "Studie über sexuellen Missbrauch an Minderjährigen durch Geistliche im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz" Ende September in Fulda bei der Herbstvollversammlung der Bischöfe vorgestellt. In den kirchlichen Akten der Jahre 1946 bis 2014 hatte das Forscherteam Hinweise auf 3.677 Betroffene sexueller Übergriffe und auf rund 1.670 beschuldigte Priester, Diakone und Ordensleute gefunden. Die Experten gehen zudem von weiteren Fällen aus, die nicht in den Akten erfasst sind. (bod/KNA)
13.12.2018, 16.55 Uhr: aktualisiert um weitere Bistümer