Missbrauchsopfer: Kirche in Chile steht vor Erdbeben
Die Betroffenen des Missbrauchsskandals in der Kirche Chiles wollen bei ihrem Treffen Papst Franziskus am 28. und 29. April im Vatikan das Kirchenoberhaupt persönlich über Erfahrungen informieren. "Ich werde dem Papst das Schreckliche berichten, was ich durchgemacht habe, als sie mich missbraucht haben", sagte einer der drei Teilnehmer, Juan Cruz in einem Interview aus dem chilenische Medien am Wochenende zitierten.
Er wolle dem Papst detailliert Auskunft geben, damit sich Franziskus selbst ein Bild machen könne, so Cruz. Zugleich sagte er der Tageszeitung "La Tercerca", dass er große personelle Veränderungen erwarte. Die chilenische Kirche stehe vor einem Erdbeben.
Der Papst empfängt die drei Männer als Gäste im Haus Santa Marta, wie der Vatikan der Katholischen Nachrichtenagentur (KNA) am Wochenende bestätigte. Demzufolge nahmen neben dem in den USA lebenden Juan Carlos Cruz zwei weitere Betroffene die Einladung des Papstes an. Sie wollten seine angebotene persönliche Entschuldigung dafür entgegennehmen, dass er sie bei seiner Chile-Reise im Januar kritisiert habe. Damals hatte Franziskus Beschuldigungen gegen einen umstrittenen Bischof als "Verleumdungen" bezeichnet.
Ein regelrechter "Schock" für die Bischöfe
Der Papst hatte in dieser Woche einen mehrseitigen Brief an die Chilenische Bischofskonferenz geschrieben. Darin bittet er um Entschuldigung für seine falsche Einschätzung des Missbrauchsskandals in der chilenischen Kirche. Gleichzeitig zitiert er die 32 Bischöfe des Landes in den Vatikan, um mit ihnen den Skandal aufzuarbeiten. In dessen Zentrum steht Bischof Juan Barros von Osorno, dem vorgeworfen wird, in den 1980er Jahren als junger Mann Zeuge von Missbrauchshandlungen durch den Priester Fernando Karadima geworden zu sein und dazu geschwiegen zu haben. Barros hatte das bisher bestritten. Cruz schrieb Franziskus bereits 2015 einen Brief, in dem er die Vorkommnisse schilderte.
Das Treffen des Papstes mit den Bischöfen Chiles findet in der dritten Maiwochen statt. Dabei geht es auch um andere mutmaßliche Täter, um Vertuschung sowie falsche und einseitige Informationen nach Rom. Chiles Oberhirten hatten den Brief während ihrer Vollversammlung erhalten. Teilnehmer des Treffens berichteten von einem regelrechten "Schock" bei den Bischöfen. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Militärbischof Santiago Silva, sprach beim Thema Missbrauch von "großer Scham" und gab sich selbstkritisch: "Wir haben nicht genug dagegen getan." (bod/KNA)