Zulehner: "Völlig unangemessen"

Neue Unruhe im Bistum Gurk – Administrator wird abgelöst

Veröffentlicht am 28.06.2019 um 12:28 Uhr – Lesedauer: 

Wien ‐ Die krisengebeutelte Diözese Gurk-Klagenfurt kommt nicht zur Ruhe: Jetzt wird der bisherige Diözesanadministrator Engelbert Guggenberger abgelöst. Der Wiener Theologe Paul Zulehner hält den Schritt für unverständlich – hat aber eine Erklärung parat.

  • Teilen:

Der aktuelle Administrator des von Krisen geschüttelten Bistums Gurk-Klagenfurt, Engelbert Guggenberger (66, Foto 3.v.l.), wird abgelöst. Papst Franziskus hat den österreichischen Militärbischof Werner Freistetter (65) zum Apostolischen Administrator und damit zum Nachfolger Guggenbergers ernannt, wie Vatican News am Freitag berichtet. Gerüchte um die Ablösung waren bereits am Donnerstag aufgekommen. Als Apostolischer Administrator fungiert Freistetter gleichsam als Stellvertreter des Papstes. Er führt die Amtsgeschäfte, bleibt aber dem Papst direkt zu Rechenschaft verpflichtet.

In der Diözese Gurk-Klagenfurt wird wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung bei einer Großspende ermittelt. Außerdem gibt es Vorwürfe wegen angeblich fragwürdiger Personalentscheidungen sowie undurchsichtiger Vorgänge im Amts-, Führungs- und Lebensstil von Bischof Alois Schwarz, der das Bistum von 2001 bis Mitte 2018 leitete. Dieser weist die Vorwürfe kategorisch zurück und ist inzwischen Bischof von Sankt Pölten. Mitte Juni waren Ermittlungen zu Korruptionsvorwürfen gegen Schwarz eingestellt worden. Laufende Ermittlungen gibt es noch wegen möglicher Untreue beziehungsweise hinsichtlich eines möglichen Finanzvergehens im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Wohnung. Das Gurker Domkapitel hatte Guggenberger im vergangenen Juli zum Diözesanadministrator gewählt, um das Bistum bis zur Ernennung eines neuen Bischofs zu leiten.

Alois Schwarz, Bischof von Gurk-Klagenfurt, während einer Messe am 8. März 2018 in Sarajevo.
Bild: ©Georg Pulling/kathpress/KNA

Alois Schwarz war von 2001 bis 2018 Bischof von Gurk-Klagenfurt und ist seit 2018 Bischof der Diözese St. Pölten.

Guggenberger zeigte sich von seiner Absetzung enttäuscht. Er wertete sie als einen hilflosen Versuch, sich eines "unbequemen Mahners" zu entledigen. Er erklärte vor der Presse, er bleibe seinem "Gewissen und dem bisherigen Weg der Offenheit und Ehrlichkeit treu". Das Vorgehen des Heiligen Stuhls zeige, "dass sich die katholische Kirche schwer tut mit der Aufarbeitung, wenn in einem bischöflichen Verantwortungsbereich Dinge aus dem Ruder laufen".

Guggenberger erneuerte seine Vorwürfe gegen den früheren Kärntner Bischof Schwarz. Dieser habe "der Kirche und dem Bischofsamt schweren Schaden zugefügt und die Glaubwürdigkeit der Kirche und deren Amtsträger nachhaltig beschädigt". Seine, Guggenbergers, Absetzung werde die Causa nicht beenden, "sondern deren Aufarbeitung nur verschleppen und weiterhin für Unruhe sorgen". Die Sache werde "erst dann zu einem guten Ende kommen, wenn auch die kirchlich übergeordneten Stellen in Wien und Rom sich der Realität stellen, Fakten anerkennen und dann auch entsprechenden Konsequenzen ziehen", sagte Guggenberger.

Der österreichische Theologe Paul Zulehner sagte dem ORF vorab, er vermute rein rechtliche Gründe: "Nach einem Jahr weiten sich die Kompetenzen eines Administrators aus. Offensichtlich wollte man das verhindern." Guggenberger ist seit dem 2. Juli 2018 im Amt. Natürlich erscheine ein solcher Schachzug aber als Bestrafung, ergänzte Zulehner: "Ich halte die Ablösung für völlig unangemessen, weil Guggenberger eine exzellente Arbeit gemacht hat."

Schönborn: "Nicht einfache Zeiten"

Am Donnerstagabend äußerte sich auch der Wiener Kardinal Christoph Schönborn in einem Gottesdienst zur Situation in Gurk-Klagenfurt, ohne aber über Guggenberger zu sprechen. Die Kirche in Kärnten erlebe "nicht einfache Zeiten", betonte der Kardinal. Viele fragten sich angesichts des weiter schwelenden Konflikts, was mit der Kirche los sei, es gebe auch viele Kirchenaustritte. Dies verwundere nicht, bekannte Schönborn; es gebe hier auch "nichts zu beschönigen".

Der Salzburger Erzbischof Franz Lackner hatte nach Abschluss einer vom Vatikan angeordneten Visitation im Bistum eine kritische Bilanz gezogen und gesagt: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass es zu keinen personellen Konsequenzen kommen wird." Die Diözese befinde sich in einer "Ausnahmesituation". Er habe während seiner Visitation viel zerrüttetes Vertrauen und Ängste bei Gläubigen und Mitarbeitern in Kärnten gespürt. (mal/tmg/KNA)

28. Juni 2019, 17.03 Uhr: Meldung ergänzt um die Stellungnahme Guggenbergers.