Populismus und Fremdenhass: Kohlgraf warnt vor Vereinfachungen
Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf hat angesichts von zunehmendem Nationalismus, Populismus und Fremdenhass vor zu einfachen Antworten auf die großen Fragen der Gegenwart gewarnt. "Wenn die globale Welt zu kompliziert wird, hilft scheinbar der Rückzug auf das nationale Interesse", sagte Kohlgraf in seiner Predigt am Montag zur Eröffnung der Salzburger Hochschulwochen. "Wenn die eigenen religiösen Wurzeln und Traditionen wegbrechen, wird die fremde Religion zum Feindbild erklärt."
Angesichts der alternden Gesellschaft fühlten sich manche zudem von Fremden und Migranten bedroht. "Wenn Menschen im Mittelmeer ertrinken, kann ich mein Gewissen beruhigen, indem ich die Menschen mitverantwortlich mache, die zur Rettung der Ertrinkenden ausfahren", kritisierte Kohlgraf. Außerdem bestünde die Gefahr, von den Politikern als "die da oben" zu sprechen, die nicht wüssten, was "das Volk" bewege. Man dürfe Menschen, die diese Positionen vertreten jedoch nicht sofort verurteilen, sondern müsse zunächst ihre "manchmal hilflose Sehnsucht nach Einfachheit vermuten". Denn viele würden die Welt als zu komplex erleben und seien dadurch verunsichert.
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Auch die Kirche kenne ähnliche Entwicklungen, so der Bischof weiter. "Lieblose theologische Debatten, egal um welches Thema sie sich drehen, werden uns von Gott wegführen, es kann gar nicht anders gedacht werden. Und wie viel Lieblosigkeit und Härte prägen auch unser innerkirchliches Ringen um die Wahrheit", sagte Kohlgraf. Der Glaube müsse sich ins Gespräch mit einer komplexeren Welt begeben. "Wie hilfreich kann es sein, im anderen Menschen nicht nur den Ungläubigen oder den weniger Einsichtigen zu sehen, sondern den, der andere Facetten besser und tiefer verstanden hat." Das Ringen und Suchen in einer komplexen Welt "nimmt uns der einfache Glaube nicht ab", sagte Kohlgraf. Daher brauche es Theologie und das Gespräch "mit anderen Weltzugängen".
Die Salzburger Hochschulwochen sind eine jährlich stattfindende Sommeruniversität der Universität Salzburg. Sie beschäftigen sich in diesem Jahr mit dem Thema "Die Komplexität der Welt und die Sehnsucht nach Einfachheit". 1931 fanden sie zum ersten Mal statt und wurden 1939 von den Nationalsozialisten verboten. Seit 1945 werden sie jedes Jahr während des Sommers abgehalten. Die Salzburger Hochschulwochen verstehen sich als universitäres Forum, auf dem aktuelle Fragestellungen aus Sicht der Theologie und anderer Wissenschaften thematisiert werden. (rom/KNA)