Apollo-Gebetsliga brachte 100 Bibeln auf den Mond

Prozess um Mondbibeln endet mit Überraschung

Veröffentlicht am 06.05.2017 um 12:03 Uhr – Lesedauer: 
Edward Mitchell auf dem Mond
Bild: © NASA
Raumfahrt

Bonn/Tulsa/Mond ‐ 1971 machte es eine neue Technik möglich, dass ein Astronaut 100 briefmarkengroße Bibeln auf den Mond nehmen konnte. Um zehn dieser Bibeln der "Apollo Prayer League" gab es einen langen Prozess, der nun endete.

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Ein jahrelanger Rechtsstreit um Mikroform-Bibeln, die zum Mond geflogen sind, ist zu Ende. Überraschend  verzichtete Texas auf das Eigentum an den Bibeln. Die Autorin Carol Mersch stritt sich mit dem US-Bundesstaat um zehn Bibeln auf Mikrofiche, von denen acht im Jahr 1971 vom Astronauten Edgar Mitchell während der Apollo-14-Mission auf den Mond mitgenommen wurden.

Die Bibeln sind jeweils wenig größer als Briefmarken und enthalten den vollständigen Text der 1245-seitigen King-James-Übersetzung der Bibel. Die dafür nötige Mikrofiche-Technologie wurde erst wenige Jahre vor der Apollo-14-Mission entwickelt. Dabei werden analoge Mikrokopien mehrerer hundert Buchseiten reihenweise angeordnet. Mit bloßem Auge ist nur der Titel "Holy Bible" zu lesen, für die Lektüre der ganzen Schrift braucht es ein Mikroskop.

Gebetsliga für die Apollo-Missionen

Die Initiative, Bibeln auf den Mond mitzunehmen, geht auf die "Apollo Prayer League" zurück. Die Gebetsgruppe wurde 1968 von dem dem presbyterianischen Prediger John M. Stout gegründet, der im Hauptberuf NASA-Wissenschaftler war. Auslöser war der Unfall der "Apollo 1"-Mission im Vorjahr: Drei Astronauten starben bei einem Feuer des Kommandomoduls der Rakete im Weltaumhafen Cape Kennedy. Unter ihnen war Edward White II., der bereits 1965 eine Bibel bei einem Weltraumspaziergang dabei hatte und dessen Traum es war, eine Bibel zur Oberfläche des Mondes zu bringen. Stout wollte mit seinem Gebet die Raumfahrer unterstützen. Binnen kurzer Zeit schlossen sich über 40.000 Menschen der Apollo-Gebetsliga an, die zusätzlich zu ihrem Gebetsapostolat für den Weltraum auch Spenden für Katastrophen auf der Erde sammelte.

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Buzz Aldrin war "nur" der zweite Mensch auf dem Mond. Aber immerhin der erste, der mit Brot und Wein außerhalb der Erde das Abendmahl empfing.

Zwei Versuche, die Mikrofiche-Bibel auf den Mond zu bringen, scheiterten zunächst. Bei der Mission Apollo 12 im Jahr 1969 kamen aufgrund eines falsch ausgefüllten Formulars die Bibeln nicht mit auf den Mond, sondern blieben in der Mondumlaufbahn. Die Folgemission Apollo 13 konnte aufgrund eines Unfalls an Bord ("Houston, wir haben ein Problem!") nicht auf dem Mond landen. Erst mit der Mission Apollo 14 wurde das Projekt im Jahr 1971 verwirklicht.

Hunderte Bibeln im All

Bereits vor der Gründung der Apollo-Gebetsliga betete der Astronaut Mitchell mit Reverend Stout in einer Gruppe für die verunglückten Apollo-Astronauten. Selbst Teil einer Mondmission, konnte er nun den Traum Stouts und der Gebetsliga verwirklichen und die Mikrofiche-Bibeln mit auf den Mond nehmen. Insgesamt 300 der 512 Bibeln, die bereits mit Apollo 13 im All waren, hatte Mitchell im Gepäck, und am 5. Februar 1971, genau um 4.18 Uhr Ostküstenzeit, war es endlich soweit: 100 der 300 Bibeln hatte Mitchell bei seinem Mondspaziergang dabei, die anderen blieben im Kommandomodul im Mondorbit.

Edward Mitchell auf dem Mond
Bild: ©NASA

Edward Mitchell 1971 auf dem Mond. In seinem persönlichen Gepäck befinden sich 100 Bibeln auf Mikrofiche.

Nach der Rückkehr auf der Erde wurden die Bibeln an Mitglieder der Apollo-Gebetsliga verteilt. Der Prozess, der nun zuende gegangen ist, wurde um die letzten zehn bei Reverend Stout verbliebenen Bibeln geführt. Die Autorin Carol Mersch hatte ein Buch über die Apollo-Missionen geschrieben und dafür Kontakt mit Stout aufgenommen, der ihr schließlich die Mondbibeln schenkte. Während seiner letzten Jahre war Stout allerdings entmündigt und unter die Vormundschaft des Staates Texas gestellt worden, 2016 starb er im Alter von 94 Jahren.

Im Prozess ging es darum, ob Stout Mersch die Mondbibeln noch rechtskräftig schenken konnte oder ob sie bereits in den Besitz des US-Staates übergegangen waren. Während des Prozesses wurden die Bibeln von dem Gericht in Tulsa, Oklahoma aufbewahrt, vor dem der Rechtsstreit geführt wurde. Nach sechs Jahren Prozessdauer sollte es am Mittwoch den nächsten Gerichtstermin geben. Aber kurz zuvor verzichtete Texas überraschend auf den Anspruch an den Bibeln. Mersch will die Bibeln nun so verwenden, wie Reverend Stout es sich gewünscht hatte: Sie sollen als Geschenk an verschiedene Museen und theologische Seminare gehen. Ein wertvolles Geschenk: In Auktionen erzielten andere Exemplare der Mikrofiche-Mondbibeln Preise von bis zu 75.000 US-Dollar.

Von Felix Neumann

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