Rumänische Gläubige begehren gegen Kirchenleitung auf

Streit um den "rechten Glauben"

Veröffentlicht am 22.08.2016 um 12:35 Uhr – Von Kathrin Lauer (dpa) – Lesedauer: 
Patriarch Daniel Ciobotea, sechster Patriarch der Rumänisch-Orthodoxen Kirche während des Panorthodoxen Konzils in Heraklion am 17. Juni 2016.
Bild: © KNA
Orthodoxie

Bukarest ‐ In Rumänien sehen einige Gläubige die Rechtgläubigkeit ihrer Kirche in Gefahr: Patriarch Daniel hatte das Ökumene-Papier des orthodoxen Konzils unterzeichnet. "Teufelswerk" in den Augen der Kritiker.

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Ein weiterer Bruder von Griechenlands Heiligem Berg der Orthodoxie zückt in einem Schmäh-Video gar einen Stiefel, mit dem er Daniel verprügeln will. Daniel und die gesamte rumänisch-orthodoxe Kirchenführung stehen derzeit am Pranger, weil sie im Juni dieses Jahres beim panorthodoxen Konzil auf Kreta eine Erklärung unterschrieben haben, die nach Ansicht ultrakonservativer Gläubiger und Kleriker zu tolerant gegenüber anderen Konfessionen ist. Der Text von Kreta sei "Ketzerei", "Teufelswerk" und das ganze Konzil überhaupt "ein Werk von Banditen", heißt es in leidenschaftlichen Predigten, offenen Briefen und Videobotschaften.

Mehr als 4500 Kleriker, Mönche und Gläubige aus der sehr konservativen östlichen Region Moldau haben wegen der angeblichen Gefahr für die Orthodoxie eine Petition an ihren Metropoliten Teofan gerichtet. Darin drohen sie dafür zu sorgen, dass Teofan während der Liturgie nicht mehr erwähnt wird, falls er seine "Unterschrift von Kreta" nicht zurückzieht. Eine ähnliche Unterschriftenaktion ist in der westrumänischen Region Bihor in Arbeit.

Linktipp: Die Ergebnisse von Kreta

Eine Woche lang hat das orthodoxe Konzil auf Kreta getagt. Sechs Dokumente wurden dabei verabschiedet. Katholisch.de zeigt alle Beschlüsse im Überblick.

Teofan wurde vor Kurzem von einer Gruppe aufgebrachter Gläubiger sogar aus einem Gottesdienst im Kloster Varatec herausgenötigt und barsch zur Rede gestellt: "Sie haben uns in Kreta den Satanisten verkauft!" Nur mühsam konnte Teofan die Eiferer beruhigen: "Die anderen Christen haben sich vom rechten Glauben entfernt durch die falschen Lehren, die sie verbreiten", sagte er. "Nur auf dieser Grundlage können wir sagen, dass wir mit Katholiken und Protestanten überhaupt reden."

Wie verbindlich war das Konzil?

Das Patriarchat in Bukarest sah sich zur Klarstellung genötigt, dass man die "historischen Bezeichnungen" der anderen Konfessionen ja nur hinnehme - sprich: ohne sie als Kirchen anzuerkennen. Zudem habe das Konzil von Kreta ohnehin keine Rechtsgültigkeit, weil vier orthodoxe Landeskirchen nicht vertreten waren. Vor dem Hintergrund einer historischen Rivalität mit dem griechischen Patriarchat hatten die Orthodoxen Russlands und dreier anderer Länder das Treffen auf der griechischen Insel boykottiert.

Die Reiz-Vokabeln "Katholiken" und "Protestanten" kommen in der kritisierten 24-Punkte-Erklärung von Kreta gar nicht vor. Stattdessen ist nur von "anderen Christen" oder von "Heterodoxen" (Nicht-Orthodoxen) die Rede. Unter Punkt 18 wird zudem betont, dass die Orthodoxe Kirche, wie auch bisher, "die Idee der Gleichheit der Konfessionen absolut nicht akzeptiert ..."

Ein historisches Ereignis: Im Juni trafen sich die Vertreter von zehn orthdoxen Kirchen auf Kreta erstmals seit Jahrhunderten zum einem Panorthodoxen Konzil.
Bild: ©KNA

Ein historisches Ereignis: Im Juni trafen sich die Vertreter von zehn orthdoxen Kirchen auf Kreta erstmals seit Jahrhunderten zum einem Panorthodoxen Konzil.

Oft gebraucht wird in dem Kretaer Dokument hingegen das Wort "Dialog" - und dies bringt die Ultras in Rage, weil sie es mit verhandelbaren Glaubensinhalten gleichsetzen. Über den Glauben spricht ein Christ ihnen zufolge einzig und allein im "Bekenntnis". Ohne Wenn und Aber. Dazu zitieren sie oft und gerne einen Satz des Apostels Paulus, der besagt, man solle sich vom Ungläubigen nach zwei missglückten Bekehrungsversuchen distanzieren.

Dabei ist das orthodoxe Leben Rumäniens weitgehend tolerant und lebensnah: Geschiedene werden nach orthodoxer Tradition neuen Partnern angetraut, volkstümliche Frömmigkeit selbst hart an der Grenze zum Aberglauben wird gefördert. Der Geistliche hat einen ambivalenten Status: Seine theologische Autorität ist unanfechtbar. Auch wenn er selbst schwer sündigt, gilt er weiter als Sprachrohr Gottes. Im Volksmund heißt es dazu mit Augenzwinkern: "Tu nicht das, was der Pfarrer tut, sondern das, was der Pfarrer sagt." Plötzlich sieht das die ultrakonservative Basis anders. Fast schon wieder unorthodox.

Linktipp: "Die Tür ist nicht zugeschlagen"

Drei Delegierte und ein "Berater" des Konzils von Kreta kamen aus Deutschland und repäsentierten damit die rund zwei Millionen orthodoxen Christen. Die Beschlüsse haben auch hierzulande Auswirkungen.
Von Kathrin Lauer (dpa)