TV-Doku über Missbrauch von Ordensfrauen erschüttert Frankreich
Eine Dokumentation des deutsch-französischen Fernsehsenders Arte zu sexuellem Missbrauch von Ordensschwestern sorgt bereits vor der Ausstrahlung für Erschütterung. Arte zeigt die Dokumentation "Gottes missbrauchte Dienerinnen" von Eric Quintin und Marie-Pierre Raimbault am heutigen Dienstagabend. Im Zentrum steht der 2006 gestorbene Dominikaner und Gründer der Frauengemeinschaft "Congregation Saint-Jean", Marie-Dominique Philippe. Er soll über mehrere Jahre Ordensfrauen missbraucht haben.
Die Präsidentin der Konferenz der Ordensmänner und -frauen in Frankreich (CORREF), Veronique Margron, äußerte sich erschüttert über die mutmaßlichen Missbrauchsfälle, um die es in der Reportage geht. Einige Ordensoberinnen hätten eine "Art Menschenhandel" mit ihren Schwestern betrieben. "Das ist unbegreiflich", sagte Magron dem Sender France Culture. "Über Jahre wurde das versteckt. Jetzt sprechen wir. Ich werde nie schweigen, weil ich will, dass auch andere reden", sagte sie.
Bischofskonferenz zeigt sich empört
Auch die Französische Bischofskonferenz erklärte am Dienstag in Paris, sie sei empört über die in der Reportage genannten mutmaßlichen Missbrauchsfälle und sei "in ihrer tiefen Empörung, Trauer und Wut untrennbar mit der CORREF verbunden".
Vor einem Kirchengericht hatte der beschuldigte Geistliche Medienberichten zufolge "unangemessene Gesten" eingeräumt, jedoch keine Strafe erhalten. Der von Philippe gegründeten "Johannes-Gemeinschaft" wurde unter anderem vorgeworfen, moralischen Druck auf Mitglieder ausgeübt zu haben. So sei Mitgliedern etwa der Kontakt zu ihren Eltern untersagt worden.
Splittergruppe 2013 aufgelöst
Einige Zeit nach dem Tod des Gründers Philippe im Jahr 2006 spaltete sich eine Schwesterngemeinschaft ab, die die neue, vom verantwortlichen Bischof ernannte Leitung ablehnte. Diese Splittergruppe der "Communauté Saint Jean" löste Papst Benedikt XVI. im Januar 2013 auf. Papst Franziskus sagte Anfang Februar, dass "sexuelle Sklaverei" im Sinne von "Manipulation in Form von Machtmissbrauch, der sich auch in sexuellem Missbrauch zeigt" der Grund für die Auflösung gewesen sei.
Die Familie des beschuldigten Ordensgründers Philippe reagierte auf die angekündigte Ausstrahlung der Dokumentation mit der Veröffentlichung einer "Gegen-Untersuchung". Darin stellt sie die psychische Verfasstheit eines der mutmaßlichen Opfer in Frage.
Auch der Lyoner Kardinal Philippe Barbarin kommt in der Dokumentation vor. Er hielt bei der Beerdigung von Philippe eine Rede. Barbarin musste sich im Januar vor Gericht wegen Nichtanzeige sexuellen Missbrauchs verantworten. Das Urteil fällt am Donnerstag. (KNA)