Vom Brevier zum Stundengebet
Das Brevierbeten ist eine alte klösterliche Tradition, die die römische Kirche allen Priestern und Ordensklerikern erst im 16. Jahrhundert zur Pflicht machte. Der Begriff ist vom lateinischen "brevis", "kurz", abgeleitet und bedeutet so viel wie "Kurzform". Ursprünglich waren damit die Gebetbücher gemeint, die die Mitglieder einer Ordensgemeinschaft mitnahmen, wenn ihr Weg sie aus dem Kloster führte - auch unterwegs sollten sie die vorgeschriebenen Gebete verrichten. Das Buch diente dabei eher als Erinnerungsstütze und beinhaltete deshalb oft nur Psalmanfänge und Kurzformen von Gebeten, die die Geistlichen in der Regel ohnehin auswendig wussten. Dadurch wurden die Bücher dünner und leichter, es sparte Material und die Kopisten, die die Breviere handschriftlich verfassten, hatten weniger Arbeit.
Auch Gebete an die Heiligen des Kirchenjahres gehörten dazu. Im Laufe der Jahre kamen allerdings viele neue Heilige hinzu und immer weniger Priester kannten die Gebete auswendig. Dank der Buchdruckerkunst wurde aus der Kurzform ein richtig dickes Buch, das nur noch mit Hilfe des Dünndruckpapiers zu handhaben war.
Erst mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-65) entschloss man sich zu einem radikalen Schnitt. Wichtiger als der private Vollzug des Breviergebetes war nun der gemeinschaftliche Auftrag, im Namen Jesu Christi und der Gemeinde zu beten. Auch der zeitgerechte Vollzug der so genannten "einzelnen Tagzeiten" wurde hervorgehoben. Der Umfang der Gebete verkürzte sich, die ganze Gemeinde war eingeladen, sich an den Gebetszeiten zu beteiligen.
Diese Neubesinnung schlug sich auch im Namen nieder: aus dem Brevier wurde die Tagzeitenliturgie oder das Stundengebet (Stundenliturgie) – Liturgia Horarum. Auch kein einfacher Begriff, aber Zeichen eines Neuanfangs.
(msc)