Der ehemalige Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch wird 80 Jahre alt

Vom Flüchtlingskind zum Vorsitzenden der Bischöfe

Veröffentlicht am 09.08.2018 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Bischöfe

Freiburg ‐ Als Freiburger Erzbischof und Vorsitzender der DBK prägte Robert Zollitsch über viele Jahre das katholische Leben in Deutschland entscheidend mit. Heute wird er 80 Jahre alt. Besonders seine erste Lebensjahre waren dramatisch.

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In einem Alter, in dem andere kurz vor dem Renteneintritt stehen, begann für Robert Zollitsch erst der wohl spannendste Abschnitt seines beruflichen und priesterlichen Lebens. Mit 64 Jahren wurde er 2003 Erzbischof von Freiburg, und noch einmal fünf Jahre später wählten ihn seine bischöflichen Mitbrüder sogar zum Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz. An diesem Donnerstag, rund vier Jahre nach seinem Abschied von beiden Ämtern, wird Zollitsch 80 Jahre alt.

Geboren wurde Zollitsch am 9. August 1938 in Filipovo im damaligen Königreich Jugoslawien. Als Angehöriger der Volksgruppe der Donauschwaben musste er im Herbst 1944 miterleben, wie Angehörige der jugoslawischen Volksbefreiungsarmee seinen Bruder und mehr als 200 weitere Dorfbewohner ermordeten. Die restliche deutschstämmige Bevölkerung wurde vertrieben und in ein Lager verschleppt, darunter auch Zollitsch, seine Großmutter und drei seiner Cousinen. Erst 1946, ein Jahr nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, konnte die Familie über Ungarn nach Deutschland fliehen. Dort siedelte sie sich zunächst im Landkreis Tauberbischofsheim an, bevor sie 1953 nach Mannheim zog.

Dramatische erste Lebensjahre

"Ich habe die schlimmen Erfahrungen von Krieg, Flucht und Vertreibung machen müssen. Ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn bewaffnete Soldaten Mütter mit ihren Kindern zwingen wollen, auf einen Lastwagen zu steigen, um ins Lager deportiert zu werden. Und ich weiß auch, was es bedeutet, sich in fremder Umgebung eine neue Existenz aufbauen zu müssen", sagte Zollitsch vor ein paar Wochen in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) mit Blick auf seine ersten Lebensjahre.

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Video: © katholisch.de

Anlässlich seines 75. Geburtstages sprach Erzbischof Robert Zollitsch im Jahr 2013 über sein Leben.

Nach dem Abitur in Tauberbischofsheim studierte Zollitsch von 1960 bis 1964 in Freiburg und München Philosophie und Katholische Theologie. Nach der sich anschließenden pastoral-praktischen Ausbildung im Priesterseminar empfing er am 27. Mai 1965 von Erzbischof Hermann Schäufele im Freiburger Münster die Priesterweihe. Seine ersten beruflichen Stationen führten Zollitsch danach als Kaplan nach Mannheim und Buchen im Odenwald. Es folgten Tätigkeiten als Repetitor am Theologischen Konvikt Collegium Borromaeum und als Dozent am Priesterseminar sowie 1974 die Promotion mit einer Arbeit zum Thema "Amt und Funktion des Priesters in den ersten zwei Jahrhunderten".

In den folgenden neun Jahren leitete Zollitsch das Collegium Borromaeum, bevor er 1983 von Erzbischof Oskar Saier zum Personalreferenten des Erzbistums Freiburg berufen wurde. In dieser Funktion war Zollitsch rund 20 Jahre lang verantwortlich für den Einsatz aller in der Seelsorge tätigen Mitarbeiter der Erzdiözese – von den Pfarrern über die Diakone bis hin zu den Gemeinde- und Pastoralreferenten. In dieser Zeit erwarb er sich den Ruf eines effizienten Organisators mit großem Überblick und Sachverstand.

Überraschende Ernennung zum Erzbischof

Zollitsch hätte das Amt des Personalreferenten wohl noch bis zu seiner Pensionierung weitergeführt – wäre er nicht am 16. Juni 2003 von Papst Johannes Paul II. (1978-2005) zum neuen Erzbischof ernannt worden. Zollitschs Berufung nach dem gesundheitlich bedingten Rücktritt Saiers war eine Überraschung, viele Katholiken hatten eher mit dem Diözesanadministrator, Weihbischof Paul Wehrle, als neuem Oberhirten gerechnet. Die Bischofsweihe empfing Zollitsch am 20. Juli im Freiburger Münster von seinem Vorgänger, als bischöflichen Wahlspruch wählte er "In fidei communione" ("In der Gemeinschaft des Glaubens").

Ähnlich überraschend wie die Ernennung zum Erzbischof war fünf Jahre später auch Zollitschs Wahl zum Vorsitzenden der Bischofskonferenz. Schließlich hatten die meisten Beobachter im Vorfeld der Abstimmung mit dem Münchner Erzbischof Reinhard Marx als Nachfolger von Kardinal Karl Lehmann gerechnet. Doch Zollitsch erwies sich mit seinem ruhigen und dialogorientierten Wesen schnell als gute Wahl – auch angesichts zahlreicher Herausforderungen in den folgenden Jahren. So musste er sich in seiner sechsjährigen Amtszeit unter anderem mit dem Missbrauchsskandal in der Kirche – unter seiner Führung verabschiedeten die Bischöfe einheitliche Leitlinien zur Vorbeugung und zur Reaktion auf Verdachtsfälle – und der Affäre um den Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst auseinandersetzen.

Bild: ©katatonia/Fotolia.com

Im Freiburger Münster findet an Mariä Himmelfahrt ein Festgottesdienst zu Ehren von Robert Zollitsch statt.

Gefordert war Zollitsch auch, als Papst Benedikt XVI. (2005-2013) im Jahr 2009 auf die Piusbruderschaft zuging. Als bekannt wurde, dass einer von deren Bischöfen den Holocaust leugnet, distanzierte sich Zollitsch von der Bruderschaft und verteidigte zugleich das Ansinnen des Papstes, zur kirchlichen Einheit mit der Gruppe zurückzukommen. Doch Benedikt XVI. war es auch, der Zollitsch einen Höhepunkt seiner Amtszeit bescherte: den Papstbesuch im September 2011, der das Kirchenoberhaupt auch nach Freiburg führte.

2013 begann dann Zollitschs altersbedingter Abschied als Erzbischof und Vorsitzender der deutschen Bischöfe. Am 17. September nahm Papst Franziskus Zollitschs zum 75. Geburtstag vorgelegtes Rücktrittsangebot an; gleichzeitig ernannte der Papst ihn jedoch für die Zeit der Vakanz des erzbischöflichen Stuhls zum Apostolischen Administrator. Dieses Amt erlosch mit der Bischofsweihe seines Nachfolgers Stefan Burger am 29. Juni 2014. Drei Monate zuvor hatte Zollitsch bereits den Chefposten bei der Bischofskonferenz abgegeben.

Geburtstagsfeier im engsten Freundes- und Familienkreis

Seitdem ist es naturgemäß ruhiger geworden um Zollitsch. Ins Tagesgeschäft seines Nachfolgers mischt er sich nicht ein, stattdessen genießt er seinen Ruhestand: "Ich bin jetzt viel freier und empfinde es als Entlastung, nicht mehr selbst weitreichende Entscheidungen treffen zu müssen", sagte er vor kurzem. Die schönen Seiten des Bischofsamts – Begegnungen bei Firmungen, Gottesdiensten oder Kirchenfesten – habe er sich bewahrt und wolle sie gerne fortsetzen, solange seine Gesundheit es ihm erlaube.

Seinen 80. Geburtstag will Zollitsch zunächst im engsten Freundes- und Familienkreis in seiner Wohnung feiern. Doch in wenigen Tagen, am Feiertag Mariä Himmelfahrt, findet dann ein Festgottesdienst im Freiburger Münster statt. Den werde er mitfeiern und danach mit einigen Gästen im Priesterseminar auf das runde Datum anstoßen.

Von Steffen Zimmermann