Brandkatastrophen in Gotteshäusern gab es immer wieder

Wenn Kirchen Opfer der Flammen werden

Veröffentlicht am 16.04.2019 um 15:31 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Das Feuer in der Pariser Kathedrale Notre-Dame macht schmerzlich bewusst: Auch Gotteshäuser sind nicht vor Brandkatastrophen gefeit. Katholisch.de stellt Kirchen vor, die schon einmal Opfer der Flammen gewesen sind. Menschliches Versagen war dabei nur einer von mehreren Gründen.

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London: Alte Sankt-Pauls-Kathedrale

Schon vor dem Schicksalsjahr 1666 gab die alte Sankt-Pauls-Kathedrale in London ein nahezu erbärmliches Bild ab: Bereits zu der Zeit König Heinrichs VIII. begann ihr Verfall, 1571 wurde der Turm durch einen Blitzeinschlag zerstört. Den Rest gab ihr schließlich der große Stadtbrand aus dem eingangs erwähnten Jahr. Die Kathedrale wurde dabei beinahe komplett zerstört. Der Stararchitekt Christopher Wren wurde mit den Planungen für den Wiederaufbau betraut. Obwohl es möglich gewesen wäre, die alte Kirche zu rekonstruieren, wurde entschieden, eine neue Kathedrale im modernen Stil zu errichten. Das war schon vor dem Brand im Gespräch. Am 2. Dezember 1697, 31 Jahre und drei Monate nach der Zerstörung der alten Kathedrale, wurde das neue Gotteshaus eingeweiht.

Kirche von Grue (Norwegen)

Holzkirchen sind nicht gerade Vorreiter in Sachen Brandschutz. Das mussten die Bewohner von Grue im Südosten Norwegens auf schmerzliche Art erfahren. Ihre lutherische Dorfkiche brannte am 26. Mai 1822, dem Pfingstsonntag jenes Jahres, vollständig nieder, mindestens 113 Menschen kamen dabei ums Leben. Bis heute gilt der Brand als größte Feuerkatastrophe in der Geschichte Norwegens. Die Ursache konnte jedoch nie zweifelsfrei geklärt werden. Mit etwa 600 Gottesdienstbesuchern war die Kirche bis auf den letzten Platz gefüllt. Der Pfarrer hatte gegen 11 Uhr gerade mit seiner Predigt begonnen, als an der Außenwand des Südschiffs ein Feuer entstand. Aufgrund ihrer Bauweise erwies sich die Kirche als Brandfalle. Die nach innen geöffneten Türen machten es den Menschen auf den Emporen unmöglich, die Kirche zu verlassen; eine Massenpanik brach aus. Viele sprangen von den Emporen hinunter, da die Treppen blockiert waren. Dabei begruben sie andere Menschen unter sich. Bereits nach knapp 15 Minuten stürzte der Turm der Kirche ein. Nach etwa einer Stunde fiel das gesamte Kirchengebäude zusammen. Der Brand der Kirche von Grue führte zu einem Gesetz, das vorschreibt, dass Türen in öffentlichen Gebäuden Norwegens nach außen öffnen müssen.

 Basilika San Paolo fuori le Mura (Sankt Paul vor den Mauern) in Rom.
Bild: ©KNA

Ein unvorsichtiger Klempner sorgte 1823 für einen Brand in der Basilika Sankt Paul vor den Mauern in Rom.

Sankt Paul vor den Mauern in Rom

Bis ins 19. Jahrhundert war die Basilika Sankt Paul vor den Mauern die einzige noch intakte Großkirche aus dem antiken Rom. Doch ein unaufmerksamer Klempner, der am 15. Juli 1823 bei Lötarbeiten am Dach ein Feuer unbeaufsichtigt ließ, sorgte die Katastrophe. Das Feuer griff auf das Gebäude über und richtete große Zerstörung an. Der kunstgeschichtliche Schaden war immens. Durch die Hitze barsten Granitsäulen im Innern, Marmor zerfiel zu Kalkstaub. Dem schwerkranken Papst Pius VII. enthielt man die Nachricht vor; er starb fünf Wochen später am 20. August. Der Wiederaufbau begann 1826 mit Hilfe von Spenden aus der ganzen Welt. Architekt Luigi Poletti ließ auch noch relativ gut erhaltene Teile des Mittel- und der Seitenschiffe sowie den unbeschädigten Glockenturm abreißen. 1854 weihte Pius IX. den Hauptbau, sechs Jahre später stand der Kirchturm wieder. 1928 wurde der Säulenumgang vor der Basilika vollendet. Ihren Abschluss fand die Rekonstruktion 1931 mit der Taufkapelle.

Hamburger Nikolaikirche

1842 wurde Hamburg von einem großen Brand heimgesucht, der drei Tage andauern sollte. Am ersten Tag, den 5. Mai 1842, fiel St. Nikolai als die erste der Hamburger Kirchen und Großgebäude dem Feuer zum Opfer. Der Hauptgottesdienst am Morgen hatte noch abgehalten werden können, der Mittagsgottesdienst wurde nach einer Fürbitte für den Erhalt der Kirche abgebrochen. Gegen 16 Uhr nachmittags ergriff das Feuer den Turm. Wegen der unzulänglichen Löschtechnik gelang es nicht, Wasser in ausreichender Menge hinauf zu befördern. Schließlich stürzte der Turm ein, die Flammen griffen auf das Kirchenschiff über, das vollständig niederbrannte. Nur wenige Kunstwerke waren zuvor aus dem Gebäude gerettet worden. Der Grundstein für den Neubau wurde am 24. September 1846 gelegt. Exakt 17 Jahre später, am 24. September 1863, waren die Arbeiten soweit abgeschlossen, dass die Kirche eingeweiht werden konnte. Der Bau des über 147 Meter hohen Turms wurde 1874 beendet. Am 28. Juli 1943 wurde die Kirche durch Fliegerbomben im Rahmen der alliierten "Operation Gomorrha" schwer beschädigt. Das Dach stürzte ein und verwüstete den Innenraum. Die Wände bekamen Risse, blieben aber weitgehend stehen – genau wie der Turm. Die Einschläge der Bombensplitter sind noch heute zu erkennen.

Der Stephansdom in Wien.
Bild: ©picture alliance/APA/picturedesk.com/HERBERT PFARRHOFER

Der Stephansdom in Wien wurde im April 1945 – kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs – durch einen Brand zerstört.

Wiener Stephansdom

Bis kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs blieb der Wiener Stephansdom weitestgehend unversehrt, doch in der Nacht zum 12. April 1945 brannten in der Bischofskirche der österreichischen Hauptstadt der Dachstuhl und der Glockenturm vollständig aus. Die Ursache ist bis heute ungeklärt. Als wahrscheinlich gilt, dass zivile Plünderer in den Häusern rund um den Dom ein Feuer legten, das schließlich auf den Dom übergriff. Eine andere Theorie besagt, dass die Waffen-SS den Dom durch Artilleriebeschuss in Brand gesteckt hat. Ebenso wird der Artilleriebeschuss der Sowjetarmee dafür verantwortlich gemacht. Aufgrund der militärischen Lage waren keine effektiven Löscharbeiten möglich. Die "Pummerin", die große Turmglocke, stürzte bei diesem Großbrand aus dem Glockenstuhl ab und zerschellte am Boden. Die Orgel wurde durch den Einsturz des brennenden Daches oberhalb der Westempore zerstört. Der Wiederaufbau des Stephansdoms begann sofort nach Kriegsende. Finanziert wurde er unter anderem durch zahlreiche Spenden aus der Bevölkerung finanziert wurde. 1952 wurde der Stephansdom wiedereröffnet.

Sankt-Dominikus-Kirche in Lissabon

Die Sankt-Dominikus-Kirche (portugiesisch: Igreja de São Domingos) galt als eine der schönsten Kirchen Lissabons. Doch vom ursprünglichen Gebäude aus dem 13. Jahrhundert ist nicht mehr viel übrig. Bereits das große Erdbeben von 1755 richtete viel Schaden an. 1959 wurde die Kirche erneut zerstört, als ein Brand darin ausbrach. Das Feuer loderte mehr als sechs Stunden, zwei Feuerwehrleute kamen uns Leben. Viele bedeutende Statuen und Gemälde konnten nicht mehr gerettet werden. 1994 wurde die Kirche wiedereröffnet. Im Inneren erinnern bewusst zurückgelassene Spuren an das Feuer, etwa die geschwärzten Säulen. Nach wie vor kann man in der Kirche einen verbrannten Geruch wahrnehmen.

Kirche St. Martha in Nürnberg

Im Zweiten Weltkrieg war die evangelisch-reformierte Kirche St. Martha von Zerstörungen verschont geblieben. Ausgerechnet während Renovierungsarbeiten brach in den frühen Morgenstunden des 5. Juni 2014 ein Brand in dem Gotteshaus aus. Der gesamte Dachstuhl brannte aus und stürzte in das Kirchenschiff, nur die Mauern und der Chorraum blieben stehen. Die Orgel und zwei von drei Glocken wurden durch den Brand vollständig zerstört. Glückliche Fügung: Wegen der Renovierungsarbeiten waren unter anderem die historischen Kirchenfenster zuvor ausgebaut. Die Sanierungsarbeiten nach dem Brand wurden im vergangenen Jahr abgeschlossen.

Mit einer Drehleiter löscht die Feuerwehr den Brand in der Kirche St. Jodok in Ravensburg
Bild: ©Felix Kästle/dpa

Mit einer Drehleiter löscht die Feuerwehr den Brand in der Kirche St. Jodok in Ravensburg. Die Kirche aus dem 14. Jahrhundert war erst 2010 renoviert worden.

Kirche St. Jodok in Ravensburg

Am 10. März 2018 brach im vorderen Teil des linken Schiffs der Sankt-Jodok-Kirche in Ravensburg ein Feuer aus. Als die Feuerwehr vor Ort eintraf, hatten die Flammen bereits auf die hölzerne Zwischendecke und den Dachstuhl übergegriffen. Mehr als 200 Feuerwehrleute brachten das Feuer schließlich unter Kontrolle. Für die Löscharbeiten musste auch das südliche Dach der Kirche geöffnet werden. Neben den Schäden am Gebäude galt die Sorge besonders den Kunstschätzen, die die 1385 geweihte Kirche beherbergt. Ein Großteil der Figuren und Gemälde konnte gerettet werden, wurde aber durch den Löschschaum beschädigt. Insgesamt entstand ein Schaden in Millionenhöhe. Im September vergangenen Jahres verurteilte das Landgericht Ravensburg einen 40-jährigen Mann zu einer Haftstrafe von sieben Jahren und zwei Monaten. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass er den Brand in der Kirche gelegt hatte. Wiedereröffnet wurde die Kirche am vergangenen Palmsonntag mit einem Gemeindegottesdienst.

Von Matthias Altmann