Wie sich das Bistum Münster als Marke profilieren will
Vor drei Jahren führte das Bistum Münster eine Zufriedenheitsstudie unter seinen Gläubigen durch – mit einem ernüchternden Ergebnis: Viele Menschen zeigten nicht nur eine hohe Unzufriedenheit mit der Institution Kirche. Sie gaben darüber hinaus an, oft gar nicht zu wissen, welche Angebote und Einrichtungen im Einzelnen zur katholischen Kirche und zum Bistum Münster gehörten. Die Diözese sah daher Handlungsbedarf: Einerseits kündigte sie einen "Kulturwandel" an mit neuen seelsorglichen Schwerpunkten, neuen Leitungsstrukturen – und dem Ziel, als Kirche künftig stärker in Dialog und Beziehung zu den Menschen zu treten. Andererseits sollte genau dieser Wandel auch nach außen hin sichtbar werden: Das Bistum hat deshalb gestern in Münster seinen "Markenentwicklungsprozess" vorgestellt – mit einem neuen Logo, einem neuen Slogan und einer breitangelegten Kampagne will man Image und Bekanntheitsgrad der Diözese und der Kirche insgesamt aufbessern.
"Für Dein Leben gern" lautet der Werbeslogan – auch Claim genannt –, der künftig für das Bistum stehen soll. Begleitet wird er von einem neuen Logo, das ein unvollkommenes, nach rechts offenes Kreuz zeigt, in das sich eine imaginäre Sprechblase schiebt, die mit dem Absender "Katholische Kirche – Bistum Münster" gefüllt ist. Dieses Logo soll bald von zahlreichen katholischen Einrichtungen übernommen werden: vom Bischöflichen Generalvikariat und Offizialat, in den Kreisdekanaten und Gemeinden, von Schulen und Kitas bis hin zu den Ehe-, Familien- und Lebensberatungsstellen. Mit einer Image-Kampagne soll ab diesem Monat zusätzlich auf Großflächenplakaten, mit Postkarten und in den sozialen Netzwerken für die unterschiedlichen Angebote und Einrichtungen des Bistums geworben werden.
Entwickelt wurde die Marke in Zusammenarbeit mit der Düsseldorfer Kommunikationsagentur "Castenow", die auch Unternehmen und Institutionen wie "Rewe", "McDonalds" oder die Bundeswehr betreut. "Bei einer Markenentwicklung geht es immer darum, die Identität eines Unternehmens oder einer Institution zu finden und über Logo, Design und Claim sichtbar und erlebbar zu machen", sagte Castenow-Geschäftsleiter Jochen Huppertz gegenüber katholisch.de. Wo kommen wir her? Was macht uns besonders? Was können wir gut? Diese Fragen seien die Grundlage der Identität einer Marke. Skandale und Intransparenz hätten in den vergangenen Jahren zu einem massiven Vertrauens- und Imageverlust der Kirche geführt. "Trotzdem nutzen viele Menschen nach wie vor gerne und teilweise tagtäglich die verschiedenen Angebote der Kirche – sie müssen aber auch wissen, dass diese Angebote zu ihr gehören", so Huppertz. Die Neuausrichtung im Bistum Münster mit ihrem initiierten Kulturwandel sei nun der ideale Zeitpunkt, sich neu in der Öffentlichkeit zu präsentieren und klarzumachen, wer das Bistum ist und welche Einrichtungen alle dazugehören.
Logo ist Symbol der Neuausrichtung des Bistums
Das Logo soll Symbol dieser Neuausrichtung der Diözese sein, erklärte Huppertz weiter. Bewusst habe man sich für das Kreuz als das "Kernsymbol" der Kirche entschieden. "Auch wenn wir den rechten Querbalken weggelassen haben: Jeder erkennt sofort das Kreuz und weiß, dass es sich um ein kirchliches Angebot handeln muss." Dass der danebenstehende Schriftzug zunächst in großen schwarzen Lettern "Katholische Kirche" zeigt und erst darunter in kleineren Buchstaben "Bistum Münster" steht, ist laut Huppertz hierarchisch zu erklären: "Wir wollten erstmal klarmachen, dass es hier um die Dachmarke 'Katholische Kirche' geht, und von der ist das Bistum Münster gewissermaßen die Untermarke." Hinzu komme, dass das Wort "Bistum" heute vielen Menschen nicht mehr geläufig sei – der Eyecatcher also nur der Begriff "Katholische Kirche" sein könne. "Sie könnten bei diesem Logo auch theoretisch jedes andere Bistum drunter schreiben – es würde immer funktionieren", so Huppertz. Münsters Bischof Felix Genn brachte das Logo bei der Vorstellung des Markenentwicklungsprozesses auf die einfache Formel: "Wo katholische Kirche drin ist, sollte auch katholische Kirche draufstehen."
Das Logo solle künftig zwar an möglichst allen Einrichtungen des Bistums zu finden sein und so für einen Wiedererkennungswert sorgen, sagte Huppertz weiter. Es solle jedoch nicht die eigenen Logos der verschiedenen Einrichtungen verdrängen. "Dafür gibt es das Konzept des 'Co-Brandings' – also ein mögliches Nebeneinander von Eigenlogo und Bistumslogo." Ein solches Co-Branding wird es auch für den Offizialatsbezirk Oldenburg geben, der sein bisheriges Logo behalten soll.
Kirche hat sich zu lange mit sich selbst beschäftigt
Der Claim "Für Dein Leben gern" soll laut Huppertz zunächst ausdrücken, dass die Kirche eine lebensbejahende Institution ist. "Bei allen Angeboten, die die Kirche macht, geht es darum, Leben zu erhalten, das Leben als lebenswert zu betrachten." Auf der anderen Seite sollte der Leser des Slogans direkt angesprochen werden: "Es geht uns um Dein Leben", so Huppertz. Hier solle die im Christentum angelegte Selbstlosigkeit und Nächstenliebe zum Ausdruck kommen. Die Kirche habe sich lange Zeit nur mit sich selbst und den eigenen Problemen beschäftigt. "Mit dem Claim macht das Bistum nun klar: Du bist für uns wichtig, wir kümmern uns um Deine Anliegen und Probleme, wir hören Dir zu und treten mit Dir in den Dialog." Oder wie der scheidende Münsteraner Generalvikar Norbert Köster bei der Vorstellung sagte: Der Claim bringe zum Ausdruck, dass "wir uns freuen, für die Menschen da zu sein".
Durch die Image-Kampagne sollen nun die vielfältigen Angebote des Bistums samt den neuen Markenzeichen bekannt gemacht werden. Auf den Plakaten, die bald breitflächig im Bistum Münster aushängen werden, finden sich dabei teils negativ anmutende Sätze wie "Finden nicht alle gut – Unsere 32 Schulen" oder "Leider nicht 24h offen – Unsere 662 Kindertagesstätten". "Um kommunikativ durchzudringen, muss man einen Überraschungs- und Neuigkeitswert in der Kommunikation haben", erklärte Huppertz. Daher habe man sich dazu entschieden, einen vermeintlichen Nachteil in den Vordergrund zu rücken, um so die Aufmerksamkeit des Betrachters zu gewinnen. "Wir sagen also nicht direkt, wie toll das Bistum ist – denn das würde man erwarten –, sondern nennen auf humoristische Weise eine 'Angebotslücke'", sagte Huppertz. Die Kampagnenmotive würden auf diese Weise neugierig machen und dazu führen, dass die Menschen sich mit den Bistumsangeboten auseinandersetzten.
Der Kirchensteuerrat hat nach Bistumsangaben einen sechsstelligen Betrag für den Markenentwicklungsprozess bewilligt. Stimmen, die kritisieren, dass das Bistum hier so viel Geld investiert hat, sind nicht ausgeschlossen. Für Huppertz unverständlich: "Wenn man eine Markenentwicklung macht, dann versteht man das ja als Investition in einen Erfolg in der Zukunft." Schaffe es die Kirche, über die Marke und die Image-Kampagne Aufmerksamkeit und neue Sympathie zu gewinnen, vielleicht sogar wieder mehr Menschen in die Kirche zu bringen, dann habe man das Ziel erreicht. Nun gelte es abzuwarten, welchen Erfolg die Kampagne einfährt, die Etablierung einer Marke brauche stets ihre Zeit, so Huppertz.
Flügge: Einfach ist gut
Mit dem Kölner Autor, Werbeexperten und Strategieberater Erik Flügge hat die Strategie des Bistums Münster jedenfalls einen in Kirchenkreisen bekannten Befürworter. Im Interview der Münsteraner Bistumszeitung "Kirche und Leben" lobte Flügge den vermeintlich simplen Logo-Schriftzug "Katholische Kirche – Bistum Münster": "Das ist schlau! Reduziert, einfach, sofort verständlich, wer da spricht." Kaum einer in der Kirche habe es bisher geschafft, sich so zu nennen, dass es irgendjemand verstehe, so Flügge. Eine Kampagne sei dann gelungen, wenn sie "Komplexität rausnimmt und dafür sorgt, auch ohne Vorwissen sofort zu verstehen, was gemeint ist". Wenn also der Eindruck entstehe, für "so etwas Einfaches" sei viel Geld ausgegeben worden, "dann haben die Kollegen einen richtig guten Job gemacht", sagte Flügge.
Der Markenentwicklungsprozess der Diözese Münster ist in der deutschen Bistumslandschaft bislang einzigartig. "Allerdings gibt es ja in allen Bistümern mehr oder weniger die gleichen Probleme, was die Kommunikation und das Image angeht", so Huppertz. Er könne sich daher vorstellen, dass "wir mit unserer Markenentwicklung und der Kampagne eine Vorreiterrolle einnehmen" und andere Diözesen dem Beispiel Münster folgen. "Das wäre idealerweise der Synergieeffekt daraus, dass wir nicht nur Erfolge für die Kirche im Bistum Münster erzielen, sondern dass das abstrahlt", sagte Huppertz.