Ferieneinsatz auf dem Soldatenfriedhof
So wie Ipek Eralp sind momentan 17 Jugendliche aus Russland, der Ukraine, Weißrussland, Moldawien, Polen, der Türkei und Italien auf dem Hauptfriedhof der Stadt zugange, um Gräber der Kriegsopfer auf Vordermann zu bringen. Sie jäten Unkraut, schneiden Gestrüpp zurück und reinigen die Grabsteine. "Unter dem Motto 'Versöhnung über den Gräbern' lernen die Teilnehmer des Camps, wie viel Leid der Krieg über die Menschen gebracht hat", erläutert ihre Betreuerin Nadja Müller. "Zugleich lernen sie Deutschland und seine Kultur besser kennen."
Vier solcher Jugendcamps bietet der Landesverband des Volksbundes Deutscher Kriegsgräberfürsorge in diesem Jahr. So waren Jugendliche schon in Gotha aktiv, zwei weitere Camps finden momentan in Wien und auf der Halbinsel Krim statt. Beim Camp in Gera sind keine deutschen Jugendlichen dabei - die interessierten sich eher für die Angebote im Ausland, vermutet Müller. Für die Teilnehmer stehen auch eine Fahrt nach Leipzig und Besuche der KZ-Gedenkstätte Buchenwald auf dem Programm, ebenso wie Spiele und Stadtbummel.
Ziel: Zum Einsatz für den Frieden motivieren
Die Nachfrage nach solchen Camps sei ungebrochen - trotz der Vielfalt an Freizeitangeboten, erklärt Fritz Kirchmeier von der Bundesgeschäftsstelle des Volksbundes in Kassel. "Wir haben jedes Jahr etwa 1.800 Teilnehmer und das war in den vergangenen 20 Jahren relativ konstant." Und das trotz sinkender Geburtenzahlen. Der Volksbund lässt sich diese Jugendarbeit laut Kirchmeier jährlich mehr als drei Millionen Euro kosten. "Ziel ist es, die jungen Menschen anschaulich mit den Folgen von Krieg und Gewalt zu konfrontieren und sie zu motivieren, sich für ein friedliches Miteinander einzusetzen."
„Wenn ich diese Grabsteine putze, kann ich mich in den Zweiten Weltkrieg hineinfühlen.“
Die junge Russin Daria Gagarina stutzt in Gera das wuchernde Efeu auf dem Grab eines deutschen Soldaten. Sie finde es großartig, dass Menschen aus verschiedenen Ländern zusammenkommen, um die Gräber der Kriegsopfer zu pflegen, erzählt sie. Die Camps seien eine gute Möglichkeit, mehr über die Geschichte zu erfahren sowie Deutsch und Englisch zu trainieren.
Besonders nahe gehe es vielen Teilnehmern, wenn sie sich mit den Kindergräbern auseinandersetzten, erzählt Betreuerin Müller. Viele dieser Kinder russischer Zwangsarbeiter wurden nur wenige Tage oder Wochen alt. Die verwitterten Inschriften sollen nun von den russischen Teilnehmern dokumentiert werden. "Sie wissen am ehesten, wie die Namen lauten könnten", erklärt Müller.
Von Andreas Hummel (dpa)