Der Erfurter Bischof äußerte sich in einem Interview mit einer Zeitung

Neymeyr: Mit AfD politisch diskutieren

Veröffentlicht am 10.09.2016 um 08:55 Uhr – Lesedauer: 
Politik

Erfurt ‐ Er würde nicht sagen, dass die AfD für Katholiken nicht wählbar sei, so der Erfurter Bischof. Man müsse allerdings hören, welche Töne kämen. Vor allem in einem Punkt sieht Neymeyr kaum Gemeinsamkeiten.

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Der Erfurter katholische Bischof Ulrich Neymeyr hält nichts von einer pauschalen Ausgrenzung der AfD. "Wir müssen mit der AfD politisch diskutieren", forderte er in einem Interview der in Würzburg erscheinenden Zeitung "Die Tagespost" (Samstag). Neymeyr kritisierte, dass die AfD zum Katholikentag Ende Mai in Leipzig "grundsätzlich nicht eingeladen wurde".

"Dass die AfD für Katholiken nicht wählbar ist, würde ich nicht sagen", erklärte der Bischof. "Allerdings müssen wir hinhören - gerade hier in Thüringen - welche Töne kommen und ob sie nationalistisch sind." So stelle sich die Frage, "ob der an sich schon bedenkliche Nationalpopulismus nicht noch weiter nach rechts abdriftet". So sei beim ganzen Parteiprogramm der AfD zu prüfen, "ob einzelne Schnittmengen mit Positionen der katholischen Kirche es rechtfertigen, diese Partei zu wählen".

Jegliches Mitgefühl mit Flüchtlingen fehlte

Neymeyr betonte, in der Flüchtlings- und Ausländerpolitik gebe es "kaum eine Gemeinsamkeit, auf die sich Kirche und AfD verständigen könnten". So habe auf der Erfurter Kundgebungen der AfD jegliches Mitgefühl mit den Flüchtlingen gefehlt. "Da war überhaupt nichts von Empathie oder gar Solidarität zu spüren, nur blanke Ablehnung", sagte der Bischof. Neymeyr verteidigte den Beschluss, die Beleuchtung des Dombergs während der AfD-Kundgebungen auf dem Domplatz nicht einzuschalten.

Diese Entscheidung habe das Domkapitel, ein wichtiges Leitungsgremium des Bistums, einstimmig gefällt. Daraufhin habe er Hassmails erhalten, "von den enthemmten Kommentaren in den sozialen Netzwerken ganz zu schweigen". Er hätten sich aber auch Katholiken zu Wort gemeldet, "die vor allem vor dem radikalen Auftreten des Islam gewarnt haben". Er habe allen Kritikern geantwortet, "sofern sie nicht anonym geschrieben und die Form gewahrt haben", betonte Neymeyr.

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Vor einem Jahr kamen täglich tausende Menschen nach Deutschland. Im Interview mit katholisch.de zieht der bischöfliche Flüchtlingsbeauftragten Stefan Heße Bilanz der bisherigen Flüchtlingsarbeit.

Im gleichen Interview kritisierte der Erfurter Bischof auch den Protest gegen den geplanten Moscheebau im Thüringer Stadtteil Marbach. "Da sind viele Emotionen hochgekocht, leider oft ohne Berücksichtigung der Faktenlage." Das Bauvorhaben sei in der Größenordnung eines Zweifamilienhauses, betonte der katholische Bischof. Zudem betreffe es ein Grundstück auf einem Industriegelände am Ortsrand. "Wenn man berücksichtigt, wie groß dieses Grundstück ist und wie groß die Moschee sein soll, würde sie nicht weiter auffallen, selbst wenn eine Kuppel darauf wäre", so Neymeyr.

Ein Gebäude mit Kuppel und Zierminarett

Die Thüringer AfD startete Ende August einen zweiten Versuch, per Bürgerbegehren den geplanten Moscheebau zu verhindern. Die Stadt Erfurt hatte Ende Juli bereits einen ersten Antrag, der aus der Partei kam, abgelehnt. Zur Begründung erklärte die Stadt Erfurt: "Ein Bebauungsplan, der ohne städtebauliches Konzept der bloßen Verhinderung eines Vorhabens dient, ist unzulässig und gesetzwidrig." Der Antrag sah vor, durch eine Änderung des Bebauungsplans zu erreichen, "dass Anlagen für kirchliche und kulturelle Zwecke nicht errichtet werden dürfen". Für das Moscheeprojekt hat die Ahmadiyya-Gemeinde bei der Stadt Erfurt bereits einen Bauvorantrag gestellt. Sie plant ein Gebäude mit Kuppel und Zierminarett. Es wäre der erste Moschee-Neubau in Thüringen und - mit Ausnahme von Berlin - nach Leipzig und Chemnitz das dritte derartige Projekt in einem ostdeutschen Bundesland. Die Kirchen und alle im Thüringer Landtag vertretenen Parteien außer der AfD begrüßen das Vorhaben grundsätzlich. (KNA/jhe)