Thekla: Schülerin des Apostels Paulus
Thekla wurde etwa zwischen 30 und 40 nach Christus in Ikonium, dem heutigen Konya in der Türkei, geboren. Ihr Name ist griechischen Ursprungs und heißt übersetzt "Gott die Ehre". Zeugnis vom Leben dieser Märtyrerin geben die so genannten Paulus- und Thekla-Akten, die zu den apokryphen – den verborgenen - Schriften gehören. Die Akten stammen wahrscheinlich aus dem 2. nachchristlichen Jahrhundert und sind in ihrer Form angelehnt an die Apostelgeschichte sowie die Apostelbriefe. Allerdings erzählen die apokryphen Schriften viel legendenhafter – und ihre theologischen Aussagen sind oftmals verzerrt. Man kann sie als christliche Trivialliteratur bezeichnen, doch sie sind dennoch heute wichtige Quellen für die Geschichte des frühen Christentums.
Drei Mal dem Tod entronnen
Der Überlieferung nach hörte Thekla den Apostel Paulus in ihrer Heimatstadt predigen – und war sofort von ihm beeindruckt. Sie ließ sich taufen, weihte ihr Leben Gott und blieb bis zum Lebensende ehelos. Die Legende erzählt, dass sie sich weigerte, den von ihren Eltern bereits erwählten Verlobten zu heiraten. Stattdessen tauchte sie unter und besuchte Paulus nur noch heimlich. Eines Tages wurde sie jedoch dabei entdeckt und gefangen genommen. Sie wurde aufgefordert, dem christlichen Glauben abzuschwören. Als Thekla dies verweigerte, verurteilte man sie zum Tode und warf sie Löwen zum Fraß vor.
Doch die Tiere taten ihr nichts zu Leide. Daraufhin wurde sie zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt. Aber ein plötzlicher Regen löschte das Feuer und sie blieb unversehrt. Nun führte man Thekla in einen Kerker voller giftiger Schlangen. Und wieder geschah ein Wunder: Ein Blitzstrahl tötete die Reptilien. Nachdem sie so dreimal durch ein Wunder dem Tod entronnen war, wurde sie zum Statthalter gebracht. Diesem erklärte Thekla, sie sei eine Dienerin Gottes. Gott habe sie vor der Marter bewahrt, denn er allein sei Herr über Leben und Tod. Daraufhin wurde sie frei gelassen.
Inspiriert durch die Reden des Apostels Paulus soll Thekla selbst gepredigt und missioniert haben. Erst im Alter von 91 Jahren habe sie sich, so die Legende, in eine Höhle zurückgezogen, die im heutigen Silifke in der türkischen Provinz Mersin liegt. Dort gründete die Heilige mit anderen Frauen eine Klostergemeinschaft, bevor sie starb und an Ort und Stelle beigesetzt wurde. Im 2. Jahrhundert baute man dort eine erste Kirche. Es entwickelte sich ein regelrechter Thekla-Kult: Die Stätte gehörte bald zu einem der bedeutendsten Wallfahrtsorte – vor allem für weibliche Pilger. Obwohl es über die Jahrhunderte hinweg immer wieder zu Zerstörungen kam, wurde die Kirche stets wieder aufgebaut. Einige Teile früherer Gebäude sind bis heute erhalten geblieben, etwa Reste der Apsis einer früheren Basilika. Auch die Thekla-Höhle kann besichtigt werden.
Der Kult um die heilige Thekla verbreitete sich in ganz Europa. In Mailand wurde ihr im 4. Jahrhundert eine große Basilika geweiht. Der später darüber erbaute Mailänder Dom besitzt bis heute einen Thekla-Altar. Seit dem Mittelalter wird die Heilige vor allem auch in Spanien besonders verehrt. Sie ist die Patronin der Stadt Tarragona. Am 23. September, ihrem Gedenktag, findet dort ein großes Fest statt. Bereits am Vorabend ziehen groteske Gestalten durch Tarragona – mit feuerspeienden Ungeheuern, Teufeln und Monstern, die der Drachentöter Georg und der Erzengel Michael schließlich besiegen. Im feierlichen Hochamt in der Kathedrale singen die Gläubigen Choräle, die nur einmal jährlich zum Gedenken Theklas angestimmt werden. Am Abend wird der Reliquienschrein mit dem Arm der Heiligen in einer Prozession durch die Straßen getragen. Den Abschluss des Festes bilden die "Castellers": Menschen, die aufeinander klettern, um menschliche Pyramiden zu bauen.
Patronin der Sterbenden
In Deutschland ist in manchen Regionen heute noch der Brauch des Thekla-Brotes verbreitet. Dieses soll heilend wirken und geht auf Legenden zurück, die Theklas Heilkräfte besonders hervorheben. So wird erzählt, dass Thekla während ihrer Zeit als Einsiedlerin Tag für Tag von Engeln mit Brot versorgt worden ist. Am Gedenktag der Heiligen pflegte man deshalb dieses Brot an Bedürftige und Kranke zu verteilen. Präsent ist Thekla auch noch in der Kunst, wo sie als Jungfrau mit Lilien dargestellt wird oder als Märtyrerin mit Pfahl, Kreuz, Palme oder Siegeskranz. Weitere Bilder zeigen sie mit Feuer oder mit wilden Tieren. Sie ist Patronin der Sterbenden und wird bei Augenleiden und in Feuersgefahr angerufen. Zur Zeit des Barock war sie eine der beliebtesten Pestheiligen.