Preußen war sein Gesamtkunstwerk
Seine Architektur prägt bis heute Berlin und Potsdam. Doch er machte sich auch als Maler, Stadtplaner und Grafiker und Bühnenbilder einen Namen. Als "enthusiastischer Weltverschönerer" hat ihn die Romantikerin Bettina von Arnim bezeichnet. Karl Friedrich Schinkel, der wohl bedeutendste deutsche Architekt des 19. Jahrhunderts, prägte das preußische Berlin und Potsdam.
In wenigen Jahrzehnten schrieb sich der Baumeister und Stadtplaner in die Architekturgeschichte ein und machte sich als Maler, Grafiker, Bühnenbildern und Interieur-Designer einen Namen. Das von ihm entworfene Eiserne Kreuz ziert die Quadriga auf dem Brandenburger Tor und ist das Hoheitszeichen der Bundeswehr. Zugleich leitete er die Preußische Oberbaudeputation, überprüfte akribisch fast alle Bauvorhaben des Königreichs und publizierte Fachbücher. Der unermüdliche Tatendrang des Ausnahmetalents forderte seinen Tribut:
Nach Bildungsreisen eigene Schule geschaffen
Mit 60 Jahren verstarb Schinkel vor 175 Jahren, am 9. Oktober, 1841 nach einjährigem Siechtum. Schinkel kam am 13. März 1781 im brandenburgischen Neuruppin als zweites von fünf Kindern in einem protestantischen Pfarrhaus zur Welt. Schon mit sechs Jahren verlor er seinen Vater, der als Superintendent der Kirchen und Schulen tätig war. 1794 zog die Familie nach Berlin.
Sein Interesse an der Architektur entzündete sich im Alter von 16 Jahren an einem Denkmal-Entwurf für Friedrich den Großen in monumentaler Revolutionsarchitektur aus der Hand des Stararchitekten Friedrich Gilly. Seinen Stil schulte Schinkel nicht nur in der neu gegründeten Bauakademie. Umfangreiche Bildungsreisen führen ihn nach Italien und später Frankreich, England und Schottland. Die Eindrücke hält er in unzähligen Skizzen und Tagebucheinträgen fest.
Aus einer Zusammenschau von griechischer und römischer Antike, Gotik und Romanik sowie erster industrielle Bauweise schuf er eine eigene Schule, auf die sich Generationen von Architekten bezogen. Damit wurde er zu einem Mitgestalter von Klassizismus und Historismus in Deutschland. Zunächst aber wandte er sich notgedrungen der Malerei zu. Denn unter der Last der Befreiungskriege konnte Preußen keine größeren Bauprojekte stemmen. So entwarf er seine teilweise utopische Architektur auf der Leinwand, wie "Gotischer Dom am Wasser" von 1813.
Das Werk verdeutliche sein Konzept einer engen Verbindung von Natur und Architektur. Bekannt wurde er seinen Zeitgenossen vor allem durch Panoramabilder von Konstantinopel, Jerusalem oder Palermo. Das Bild vom brennenden Moskau während Napoleons Russlandfeldzug war als Vorläufer der Bildreportage ein Publikumsmagnet.
Schinkel selbst verstand sein Wirken als Beitrag zum Aufbau des "gebildeten Staates" im reformierten Preußen. Die Idee des "Ästhetischen" diente ihm - wie bei Friedrich Schiller - der sittlich-moralischen Erbauung. So entwickelte er nach den Worten des Berliner Kunsthistorikers und Biographen Jörg Tempel "die Vorstellung vom preußischen Staatsgebäude als Kunstwerk". Dieses national-patriotische Gesamtkunstwerk findet seine Sakralisierung im Entwurf eines Doms für die Befreiungskriege nach der Völkerschlacht von Leipzig. Das Gebäude mit den Ausmaßen des Mailänder Doms sollte am heutigen Leipziger Platz entstehen.
1816 der erste bedeutende Auftrag
1816 erhielt Schinkel den ersten bedeutenden Auftrag: Die Neue Wache unter den Linden. Der massive Bau ist heute die "Zentrale Gedenkstätte der Bundesrepublik Deutschland für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft". Rasch folgten weitere Werke wie das Schauspielhaus – das heutige Konzerthaus – am Gendarmenmarkt, die Friedrichwerdersche Kirche, der neue Pavillon im Schlosspark Charlottenburg, die Schlösser Charlottenhof und Glienke in Potsdam und das imposante Altem Museum mit den 18 ionischen Säulen, um nur weniges zu nennen.
Die Architekturgeschichte beruft sich vor allem auf Bauakademie. Der würfelförmige Rasterbau gilt als wegweisende Konstruktion, weil Schinkel über klassische Architekturprinzipien hinausgeht. Von den vielen renovierten und rekonstruierten Schinkelbauten ist ausgerechnet sie als einzige noch nicht wiedererrichtet. Als Attrappe aus Plastikplanen wartet sie gegenüber dem künftigen Humboldt-Forum im Berliner Schloss auf Sponsoren.