Mordprozess um Teufelsaustreibung hat begonnen
Nach dem qualvollen Tod einer Südkoreanerin bei einer Teufelsaustreibung hat der Mordprozess gegen fünf Verwandte vor dem Frankfurter Landgericht begonnen. Sie sollen die 41-Jährige vor rund zehn Monaten in einem Hotel in Frankfurt in einem stundenlangen Gewaltexzess erstickt haben. Die Staatsanwaltschaft legt ihnen Mord zur Last und begründet das mit Grausamkeit.
Auf der Anklagebank sitzen der 16 Jahre alte Sohn des Opfers, dessen 16 Jahre alter Cousin, die Cousine des Opfers (45) sowie deren Sohn (22) und deren Tochter (19). Weil drei der Angeklagten jünger als 21 Jahre sind, verhandelt eine Jugendstrafkammer unter Vorsitz von Richter Ulrich Erlbruch. Anwesend waren zum Prozessauftakt am Montag neben den Anwälten drei Dolmetscher, vier Sachverständige sowie zwei gesetzliche Vertreter für die beiden Jugendlichen. Die Anklage wurde verlesen, die Angeklagten äußerten sich zunächst weder zur Person, noch zur Sache.
Merkwürdiges Verhalten
Die Familie soll sich am 5. Dezember 2015 gemeinsam in dem Hotelzimmer aufgehalten haben. In den frühen Morgenstunden soll die 41-Jährige aus unbekannten Gründen angefangen haben, um sich zu schlagen, Selbstgespräche zu führen und körperlich aggressiv zu werden. Daraufhin habe sich der Rest der Familie entschieden, eine Teufelsaustreibung vorzunehmen.
Die Frau starb schließlich an massivem Druck auf den Brustkorb und Gewalteinwirkungen auf den Hals. Laut Anklage sollen die Verwandten ihrem Opfer "Schmerzen und Qualen körperlicher Art" zugefügt haben, "die über das für die Tötung erforderliche Maß weit hinausgingen". Anhaltspunkte für Mord auf Verlangen soll es nicht geben.
Anwalt Oliver Wallasch beantragte, die Hauptverhandlung zu unterbrechen, um einen Ethno-Soziologen als Sachverständigen zu hören. Dieser solle zur sittlich-geistigen Entwicklung seines 16 Jahre alten Mandanten Stellung nehmen. Dabei gehe es darum, ob dieser aufgrund seiner kulturellen Erfahrungen überhaupt die rechtliche Verantwortung für die Tat übernehmen könne.
Wallasch kritisierte zudem die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft: Sie habe die kulturellen Hintergründe der Tat lediglich im Internet recherchiert und den Ehemann des Opfers befragt, statt einen Fachmann einzuschalten. Die Staatsanwaltschaft sah das anders: Dass der Angeklagte in Korea aufgewachsen sei, reiche nicht, um seine sittlich-geistige Reife anzuzweifeln.
Die Angeklagten sollen Christen sein - mit schamanistischen Einflüssen. Schamanistische Priester opfern bei ihren Riten den Geistern und rufen sie an, auf die Geschicke der Menschen einzuwirken.
Angeklagte erst seit kurzem in Deutschland
Nach dem tödlichen Exorzismus in dem Hotel hatte die Cousine der 41-Jährigen einen Pfarrer der koreanischen evangelischen Zion-Gemeinde gerufen. Seiner Gemeinde gehörten sie aber nicht an. Der entsetzte Mann verständigte die Hotel-Rezeption und die Polizei.
Den Ermittlungen zufolge war die Familie erst rund sechs Wochen vor der Tat nach Frankfurt gekommen, um ein Export-/Import-Geschäft aufzubauen. Sie hatten ein Haus in Sulzbach im Taunus gemietet. In das Hotel sollen sie gezogen sein, weil einige Familienmitglieder befürchtet hätten, dass sich in dem Haus Dämonen aufhielten.
In dem Prozess waren zunächst 15 Verhandlungstage bis Mitte Januar anberaumt. Am Mittwoch soll der Prozess fortgesetzt werden. (dpa)
10.10.2016, 15.50 Uhr: Ergänzt um die Ausführungen des Anwalts der Angeklagten