Was Besucher der Papstwohnung in Castel Gandolfo erwartet

Papstbleistift, Bayernfahne und ein Traum-Ausblick

Veröffentlicht am 22.10.2016 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Das Schlafzimmer des Papstes in der Sommerresidenz
Bild: © KNA
Vatikan

Castel Gandolfo ‐ Benedikt XVI. war gerne in Castel Gandolfo. Das zeigen kleine Details der dortigen Papstwohnung, die auf Anregung von Papst Franziskus nun für die Öffentlichkeit zugänglich sind.

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Vielleicht hat Papst Benedikt XVI. die kleine blauweiße Bayernfahne, die im Arbeitszimmer der päpstlichen Privatsekretäre steht, persönlich nach Castel Gandolfo gebracht. Möglich wäre es - schließlich war er oft und gern beim Sommersitz der Päpste in den Albaner Bergen. Zeichen davon sind, wenn man genauer hinschaut, eindeutig zu sehen: Im Büro der Privatsekretäre, in dem also auch Erzbischof Georg Gänswein, Privatsekretär des emeritierten Papstes arbeitete, hängt ein Schwarzweiß-Porträt von Benedikt XVI. Nebenan, im päpstlichen Arbeitszimmer, sollen gar noch der Originalbleistift und -radiergummi Benedikts XVI. auf dem Schreibtisch liegen.

Weiße Madonna auf dem Schreibtisch

"Wir haben nichts verändert, alles ist originalgetreu", sagt der für das Areal der sogenannten Päpstlichen Villen in Castel Gandolfo verantwortliche Direktor Osvaldo Gianoli bei seiner Führung durch die insgesamt 16 Räume der Papstwohnung im Apostolischen Palast, die ab Samstag gegen zehn Euro Eintritt die Tür für Besucher öffnet. Abgesehen von Absperrseilen und nötigen Umräumarbeiten soll alles authentisch sein. Es fällt leicht, sich Joseph Ratzinger vorzustellen, wie er hinter dem Nussbaumschreibtisch sitzt, den für ihn so typischen Bleistift in der Hand in seiner kleinen Schrift an Enzykliken oder Büchern schreibt. Vielleicht schaut er kurz auf die kleine weiße Madonnenstatue auf dem Schreibtisch im Papstbüro, nippt ab und zu einen Schluck Tee aus der feinen weißen Porzellantasse mit Goldrand, die ihren Platz griffbereit neben einer schlichten schwarzen Schreibtischlampe hat.

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Intim hingegen der Besuch im Schlafgemach der Päpste. Hier soll sich eine kuriose Begebenheit zugetragen haben: Erzählungen zufolge wurden in dem kleinen Bett mit Goldgestell sogar Kinder geboren - als Papst Pius XII. (1939-1958) den Einwohnern Castel Gandolfos während des Krieges Zuflucht im Apostolischen Palast bot. "Besucher können hier den Atem der Geschichte spüren", so der Direktor der Vatikanischen Museen, Antonio Paolucci. Die Museen organisieren die Führungen im Appartement, deren Route nicht nur durch Schlafgemach und Arbeitszimmer, sondern auch durch mehrere Säle, die Bibliothek und die Privatkapelle der Päpste führt. Hier spielte sich ein historischer Moment ab: Vor dem Marmor-Altar beteten 2013 erstmals zwei Päpste gemeinsam: der Emeritus Benedikt XVI. und der neu gewählte Franziskus.

Die Kapelle, die viele bislang nur von Fotos kennen, können sie nun selbst sehen: die kleinen blauen Kreuzwegkacheln; die zwei großen, jeweils eine ganze Wand einnehmende Gemälde und - durchs Fenster - die wunderbare Landschaft der Albaner Berge. Auch die macht, wie Paolucci betont, die Faszination der Papstwohnung aus: "Natur und Kunst verbinden sich hier auf ganz wunderbare Weise." Wer durch die Fenster auf auf die grünen Hügel der Albaner Berge und den riesigen Albaner See blickt, der himmelblau und still direkt unter dem Betrachter zu liegen scheint, der weiß, was Paolucci meint.

Papst Franziskus scheint diesen Ort zu meiden

Vielen ist unverständlich, dass Papst Franziskus diesen magischen Ort zu meiden scheint. Er besuchte seine Sommerresidenz nur drei bis vier Mal und blieb nie für längere Zeit. Für Paolucci zeigt sich hingegen die Politik und Seelsorge von Franziskus auch in der Öffnung des Papst-Appartements für Besucher: Franziskus wolle an die Ränder der Welt gehen; er habe viel zu tun, sei viel unterwegs. "Daher verzichtet er auf seine Sommerresidenz und stellt sie dem Volk zur Verfügung." Franziskus sei übrigens nicht der einzige Papst, der die Residenz nicht nutze: Von den 33 Päpsten seit ihrer Errichtung hätten nur 15 sie regelmäßig aufgesucht. Den Umbau des etwa 25 Kilometer südlich von Rom gelegenen Geländes veranlasste Papst Urban VIII. (1623-44). Er war der erste Papst, der dort ab 1626 über längere Zeit wohnte. Gianoli betonte, die Papstwohnung diene nach wie vor primär dem Papst. "Selbstverständlich freuen wir uns immer sehr, wenn wir Franziskus oder auch den emeritierten Papst Benedikt XVI. beherbergen können." Und bis das vielleicht irgendwann mal wieder so weit ist, können sich die Besucher über ungewohnte Einblicke ins Leben der Päpste freuen.

Von Stefanie Stahlhofen (KNA)

Linktipp: Ein Blick ins Schlafzimmer der Päpste

Nur wenige Male hatte Papst Franziskus die päpstliche Residenz in Castel Gandolfo besucht. Nun macht er ernst und überlässt den früheren Urlaubspalast der Päpste für einen anderen Zweck.