Fürth: Pegida vertreibt christliche Martinszüge
Drei christliche Martinszüge müssen in Fürth der fremdenfeindlichen Organisation "Pegida" weichen. Die betroffenen Kindertagesstätten hatten beschlossen, ihre Laternenumzüge nicht zeitgleich mit einer Demonstration der islamfeindlichen Gruppierung abzuhalten, wie die "Fürther Nachrichten" (FN) am Freitag berichten. Die Demo sei zuvor durch eine Entscheidung der mittelfränkischen Stadt in die Umgebung der Kitas verlegt worden.
Kitaleitung: Kinder sollen nicht mit Blaulicht feiern
"Kinder mit Laternen müssen Erwachsenen mit Plakaten weichen", bedauerte die Leiterin einer der betroffenen Einrichtungen, Daniela Bär, gegenüber den "Fürther Nachrichten". Ihre Krippe "Königskinder" befindet sich wie die beiden anderen Einrichtungen in Trägerschaft der evangelischen Diakonie. Der lange geplante Laternenzug sei nun kurzfristig um eine Woche verschoben worden, nachdem die Organisatoren von der geplanten "Pegida"-Demo in unmittelbarer Nähe erfahren hatten. Zum Aufmarsch werden auch eine Gegendemonstration und große Polizeipräsenz erwartet. Die Kinder sollten "mit Laternen feiern und nicht mit Blaulicht", sagte Bär.
Die Organisation "Pegida" führt seit Ende des Jahres 2014 regelmäßig Großdemonstrationen in zahlreichen deutschen Städten durch. Nach eigenen Angaben tritt sie gegen eine "Islamisierung" und für eine Stärkung der christlichen Identität des "Abendlandes" ein. Der "Pegida"-Vorsitzende Lutz Bachmann wurde im Sommer 2016 wegen Volksverhetzung verurteilt.
Linktipp: Sankt Martin
Nach der Legende wollte der heilige Martin nicht Bischof werden. Und fast wäre tatsächlich alles ganz anders gekommen - entscheidend war in seinem Leben ein Mantel.Am Freitagabend will "Pegida" zum vierten Mal in Fürth auftreten. Nach erheblichen Beeinträchtigungen für Anwohner und Verkehr am früheren Demonstrationsort habe man den Protestmarsch diesmal verlegt, heißt im FN-Bericht weiter. "Die Umzüge haben wir nicht auf dem Schirm gehabt", erklärte der Leiter des Ordnungsamtes, Hans-Peter Kürdörfer. Das für die Anmeldung der Martinszüge zuständige Straßenverkehrsamt sei in die Überlegungen nicht einbezogen worden. "Hätten wir davon gewusst, hätten wir uns das noch mal gut überlegt."
Dieser Vorgang irritiert auch die Verantwortlichen der anderen betroffenen Kitas in der Fürther Innenstadt. So habe die "Villa Kleeblatt" ihre Zugstrecke ändern müssen, während das "Storchennest" den Martinszug gleich ganz abgesagt habe. Die von der Stadt vorgeschlagene Ausweichroute sei nicht praktikabel gewesen, zudem wolle man den Kindern die "bedrohliche Kulisse" der Anti-Islam-Demo ersparen, erklärte Altstadt-Pfarrer Hans-Ulrich Pschierer. Stattdessen feiere man nun ein Laternenfest am Kirchplatz.
"Sankt Martin würde sich im Grabe umdrehen"
Ein besonderes Ärgernis sei zudem das Motto des "Pegida"-Aufmarsches: "Sankt Martin und seine heutige Bedeutung". Kita-Leiterin Bär könne nicht sehen, wo die Organisation die Geschichte des heiligen Bischofs von Tours verstanden habe. "Unsere Kinder bereiten sich schon seit Wochen vor, sie wissen, um was es geht: ums Teilen, um Solidarität." Deutliche Worte fanden Elternbeirat und Leitung des "Storchennest" in einem gemeinsamen Schreiben mit Pfarrer Pschierer an die "Fürther Nachrichten": "Nun werden wir von Rechtspopulisten verdrängt, welche für Abgrenzung und Ausländerfeindlichkeit stehen. Sankt Martin würde sich im Grabe umdrehen." (kim)