Countdown zum Fest
Das änderte sich spätestens in der Zeit des Wirtschaftswunders: Seit den 1950er Jahren gibt es den heute so beliebten Adventskalender, fabrikfertig abgepackt und mit Schokoladentäfelchen hinter bunt bemalten Türchen. Wobei mittlerweile immer seltener christliche Motive aufgedruckt werden - Nikolaus und Krippe verschwinden zugunsten von Prinzessinnen, Rentieren und Bären.
56,1 Millionen Euro Umsatz haben die deutschen Schokoladen-Fabrikanten 2011 allein mit ihren Kalendern erwirtschaftet. Immer wieder ernten sie für ihre hohe Gewinnspanne aber auch Kritik von Verbraucherschützern: Die Produkte im Adventskalender seien viermal so teuer wie dieselben Produkte im normalen Handel, stellte die Verbraucherzentrale Hamburg jüngst in einem Test fest. Dieser Aufpreis sei nicht durch die aufwändige Verpackung zu rechtfertigen.
Selbstgebastelt vs. digital
Eine beliebte Alternative für manche sind selbstgebastelte Kalender. Ob zwei Dutzend Jutesäckchen, Socken oder Pappboxen: Selbstbastler pfeifen auf die überteuerte Fabrikware und schenken ihren Freunden einen ganz persönlichen Countdown zum Fest.
Ganz anders dagegen die digitalen Adventskalender. Ihre Türchen lassen sich mit mit nur einem Klick öffnen, ihr Inhalt hat meist wenig mit Weihnachten zu tun. Die Deutsche Mathematiker-Vereinigung etwa liefert mit "Mathe im Advent" jeden Tag eine Knobelaufgabe für Kinder und Erwachsene. Auch die Deutsche Physikalische Gesellschaft nutzt die über Generationen eingeübte Struktur des Advents und will in diesem Jahr 24 Video-Experimente zur Verfügung stellen.
Weil die Vorfreude auf Weihnachten keine Altersbeschränkung kennt, gibt es inzwischen auch Kalender, die bewusst auf Erwachsene zugeschnitten sind: Angefangen bei Parfums über Rubbellose bis hin zu Kondomen - heute findet sich so gut wie jede Füllung im Angebot. Eine belgische Diamantenfirma schaffte es einmal in die Schlagzeilen, weil sie 24 Diamanten einlegte. Ihr Gesamtwert: 2,5 Millionen Euro. Es war der wohl teuerste Adventskalender der Welt - und aufgrund eben dieses Preises auch ein Einzelstück. Nicht dazu gemacht, viele Menschen zu erfreuen, sondern den Namen des Unternehmens als PR-Strategie in die Welt zu tragen.
Es geht auch ohne Kommerz
Doch es gibt auch Gegenbewegungen zur Kommerzialisierung der Vorweihnachtszeit. Insbesondere die Kirchen versuchen, den Advent als Zeit der Besinnung zurückzuerobern. Das Bistum Magdeburg etwa verschickt täglich geistliche Impulse in 160 Zeichen. Der "SMS-Kalender" sendet ab dem 1. Dezember täglich eine besinnliche Kurznachricht. Im vergangenen Jahr nutzten laut Bistum mehr als 2.000 Jugendliche den Service.
Schon seit 1995 bietet der ökumenische Verein "Andere Zeiten" Adventskalender an, die "täglich zu zwölf Minuten Stille einladen". Sie decken die Zeit bis zum Dreikönigsfest am 6. Januar ab.
Meditation statt Schokolade - das Konzept ist erfolgreich. Erstmals wurden in diesem Jahr mehr als eine halbe Million Kalender bestellt. Eine Absatzrate "wie ein kleines Wunder", teilte das Vorstandsmitglied, Pastor Hinrich Westphal, mit.
Von Annika Leister (KNA)