Deckname "Weinberg"
"Vieles bleibt unklar." Auch der Vorsitzende Richter am Oberlandesgericht Stuttgart, Oliver Mosthaf, muss am Dienstag einräumen, das Rätsel um die Kloster-Millionen von Neresheim in Baden-Württemberg nicht wirklich aufgeklärt zu haben.
Drei Kläger haben einen Teil der insgesamt vier Millionen Euro gefordert, die 2013 zufällig bei einem toten Abt gefunden worden waren. Doch sie konnten ihre Ansprüche nicht ausreichend belegen - genau genommen gar nicht. Obwohl die Herkunft des Geldes damit immer noch nicht geklärt ist, ziehen die Mönche laut einem Sprecher aus der Entscheidung die erhoffte Rechtssicherheit, um jetzt Schritt für Schritt auf das Geld zugreifen zu können.
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Im Jahr 2013 tauchten im Kloster Neresheim auf rätselhafte Weise vier Millionen Euro auf. Ihnen folgten juristische Streitigkeiten, die immer noch andauern. Nun kommt noch ein Erbstreit hinzu.Die Geschichte bleibt unglaublich: Wie vom Donner gerührt müssen die bescheidenen Mönche des Benediktinerordens Neresheim auf der Schwäbischen Alb gewesen sein, als sie nach dem Tod ihres Abtes 2013 dessen Sekretär aufräumten: Satte drei Millionen Euro hatte der Abt auf einem Wertpapierkonto in Krefeld gebunkert, eine weitere Million auf einem Spendenkonto in Aalen. Klammheimlich - offenbar. Das Wissen über die Herkunft des Vermögens hatte der Mönch mit in sein Grab genommen. Komplett, wie die Vertreter der zehn Mönche schon vor diversen Gerichten versicherten.
"Beseelt von der Mission, das Kloster zu sanieren", habe der tote Abt stets gehandelt, sagte Klostersprecher Max Hohenberg nach der Verhandlung. "Sehr umtriebig" habe er sich vielerorts um Spenden bemüht. Vermutlich ist er auch der Architekt eines so raffiniert wie verworrenen Steuersparmodells: Anleger liehen dem Kloster Geld und verzichteten auf die Zinsen, die dann für religiöse Zwecke verwendet werden sollten. Treuhänder der Summen war lange eben jener Anwalt, der nun für sich und zwei ältere und seinen Angaben zufolge demente Damen zusammen eine Million Euro aus der Summe verlangte. Er sprach in früheren Verfahren von einem "Steuervermeidungsmodell" mit dem Decknamen "Weinberg" und von Geldgebern aus dem ganzen Bundesgebiet.
Die Anwälte der Mönche argumentieren stets mit Nichtwissen. Im Kloster sei nichts zu finden, Belege müssten schon die Kläger bringen. "Da wurden Millionen bewegt - und es gibt keinen Federstrich, keine Akten?", fragte Rechtsanwalt Henning Necker, der das Kloster vertritt, vor einiger Zeit in der Verhandlung. Die Absprachen über die Anlagen auf dem Klosterkonto seien im Wesentlichen mündlich getroffen worden, betonte der Klägeranwalt. Nirgendwo stehe, dass sowas schriftlich erfolgen müsse.
An und für sich seien die Mönche durchaus daran interessiert, den Millionenfund den rechtmäßigen Besitzern zu geben, so Sprecher Hohenberg. Die Benediktiner hätten die Millionen bisher auch nicht angerührt. Erst sollten alle möglichen Ansprüche geklärt sein. Dies sei jedoch nicht Gegenstand des Verfahrens gewesen, betonte der Vorsitzende Richter Mosthaf. Es ging nur um diesen einen Fall. Zunächst bleibe das Geld beim Kloster.
Was die zehn Mönche mit den Millionen machen, ist keine Frage. Laut Hohenberg liegt der Umsatz der Abtei deutlich unter einer Million Euro. Einnahmen kämen vor allem aus Spenden, aber auch aus Pachtverträgen, einer Gaststätte und dem Gehalt von zwei Mönchen, die Religionsunterricht geben. "Die Einnahmen stehen aber in keinem Verhältnis zur Bausubstanz eines uralten Klosters."