Mehr als "Objekte"
Eine Studie, die das "Handelsblatt Research Insitute" gemeinsam mit der Aktion Mensch am Montag in Berlin vorgestellt hat, bestätigt diese Sicht am Beispiel des Arbeitsmarktes: Demnach ist Arbeitslosenquote bei Menschen mit Behinderung mit etwa 14 Prozent doppelt so hoch wie bei anderen Teilen der Bevölkerung.
Kein Leistungsunterschied
Als Gründe für die Arbeitslosigkeit nannte der Leiter der Studie, Wirtschaftswissenschaftler Bert Rürup, Unkenntnis der Unternehmen und das schwache Selbstbewusstsein von Menschen mit Behinderung. Der Vorstandsvorsitzende von "Aktion Mensch", Armin von Buttlar, sagte, dass sich die Lage zwar verbessert habe. Dennoch stünden Defizite oft stärker im Fokus als Fähigkeiten. Dabei zeige die Studie auch, dass Zugleich 80 Prozent der mehr als 400 befragten mittelständischen Unternehmen keinen Leistungsunterschied zu anderen Angestellten sehen.
Nach Einschätzung von Rürup stellen Behinderte für Unternehmen eine Chance dar. Da ihnen das tägliche Leben ein hohes Maß an Selbstdisziplin abverlange, seien sie sehr leistungswillig. Zudem verbessert sich laut der Umfrage das Betriebsklima durch mehr Rücksichtnahme, wenn Behinderte mitarbeiten.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) kritisiert zum heutigen Tag der Menschen mit Behinderung den Rückgang der Fördermaßnahmen für schwerbehinderte Arbeitslose. "Wer bei der Inklusion vorankommen will, muss mehr in die Förderung von Menschen mit Behinderung investieren", sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach. Die Zahl der Fördermaßnahmen sei zwischen 2010 und 2012 um ein Drittel zurückgegangen.
Die neue Bundesregierung müsse handeln und die Chancen auf Förderung verbessern, insbesondere im Hartz-IV-System, betonte Buntenbach. "Wir brauchen spezialisierte Vermittler in allen Jobcentern, die mit der Situation von behinderten Menschen auf dem Arbeitsmarkt vertraut sind."
Kritik an negativem Behinderten-Begriff
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes kritisierte in diesem Zusammenhang den rein "defizit-orientierten Schwerbehindertenbegriff" , der Menschen mit Behinderungen und chronischen Krankheiten diskriminiere.
Erst vor wenigen Wochen hatte Papst Franziskus am 10. November 2013 kranke und behinderte Menschen bei einer Begegnung im Vatikan empfangen und sie ermutigt sich "nicht nur als Objekt der Solidarität und der Nächstenliebe" zu sehen, sondern sich als integralen Teil der Gemeinde zu begreifen: "Eure stille Anwesenheit, die jedoch beredter ist als viele, ist ein Schatz für jede christliche Gemeinschaft."
Der Internationale Tag der Menschen mit Behinderung wird seit 1992 am 3. Dezember begangen. In Deutschland gilt die UN-Behindertenkonvention seit 2009 und verpflichtet zu gleichberechtigter gesellschaftlicher Teilhabe aller. (mir/KNA)