Konservativ, katholisch, ehrgeizig
Am letzten Sonntag war es noch eine Überraschung: Francois Fillon erhielt bei den ersten Vorwahlen der Republikaner mit 44,2 Prozent die mit Abstand meisten Stimmen. Der 62-Jährige hängte Ex-Premier Alain Juppe (71) und den früheren Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy ab. Dass er an diesem Sonntag nun die entscheidende Stichwahl gegen Juppe deutlich für sich entschied, war danach erwartet worden. Aber wer ist der neue Spitzenkandidat und wofür steht er?
Fillon, Bewunderer der einstigen britischen Premierministerin Margaret Thatcher, begann seine politische Karriere 1976 als parlamentarischer Assistent. 1993 wurde der als wirtschaftsliberal geltende Politiker Bildungsminister. Anschließend bekleidete er verschiedene Ministerposten, bis er 2007 unter Sarkozy Premierminister wurde. Bereits im Mai 2013 kündigte Fillon an, dass er 2016 als Staatspräsident kandidieren wolle. Mit seiner Frau und seinen fünf Kindern wohnt er in einem Schloss aus dem 12. Jahrhundert im südwestlichen Departement Sarthe.
Traditioneller Katholik aus dem ländlichen Frankreich
Fillon sei ein traditioneller Katholik aus dem ländlichen Frankreich, charakterisierte ihn der Journalist Gerard Carreyrou im Radiosender Europe 1. Tatsächlich nutzte Fillon im Wahlkampf immer wieder katholisch geprägte Sätze wie "Habt keine Angst" - den ersten Satz von Papst Johannes Paul II. zu Beginn seiner Amtszeit (1978-2005). Die Kombination von wirtschaftsliberal und wertkonservativ habe äußerst gut funktioniert, meint Carreyrou.
Zu Beginn des Wahlkampfs setzte Fillon auf liberale Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik. Später äußerte er sich auch zu Wertethemen wie dem sogenannten Taubira-Gesetz, benannt nach der Ex-Justizministerin Christiane Taubira. Es öffnet den Ehebegriff und das Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare. Fillon will das Gesetz ändern; das Adoptionsrecht soll auf heterosexuelle Paare beschränkt werden. "Ein Kind ist immer das Ergebnis eines Vaters und einer Mutter", schrieb Fillon in einem Brief an die Französische Bischofskonferenz.
Im Oktober hatten die Bischöfe ein Buch zur Bedeutung von Politik in der Gesellschaft herausgegeben. Die französische Gesellschaft scheine "besorgt, ängstlich, unzufrieden". Der Gesellschaftsvertrag müsse neu überdacht werden. In seinem Brief an die Bischöfe bekräftigte Fillon seine Verbindung mit den "geerbten Werten des Christentums". Zudem sprach er sich gegen künstliche Befruchtung für heterosexuelle Paare aus und kündigte an, Leihmutterschaft zu verbieten. Sie sei eine nicht hinnehmbare Ausbeutung von Frauenkörpern.
In der vergangenen Woche bezog er dann auch Position zum Thema Abtreibung. "Philosophisch und aufgrund meines persönlichen Glaubens, kann ich Abtreibung nicht befürworten", zitierte ihn die Zeitung "Le Figaro". Konsequenzen wird seine persönliche Einstellung allem Anschein nach jedoch nicht haben: Frauen, die diesen Weg gehen wollten, könne eine Abtreibung nicht verwehrt werden, betonte er. Das sei unwiderruflich. Die Familie ist dem Republikaner nach eigenem Bekunden besonders wichtig. Einen Fokus legt er in seinem Programm auf die Begleitung von Behinderten. Betreuer sollten besser unterstützt werden und Eltern von Kindern mit Behinderung Möglichkeiten zur Weiterbildung erhalten.
Fillon: Frankreich muss den "islamischen Totalitarismus" besiegen
Fillon warnt vor einer weiteren Verschärfung der Regeln zur Trennung von Kirche und Staat. Er sehe die Religionsfreiheit durch weitere Regeln bedroht. Im Zusammenleben mit dem Islam verfolgt er wie Sarkozy das Konzept der Assimilation: Einwanderer sollen sich an die französische Gesellschaft anpassen. Auch setzt sich Fillon für ein Burkini-Verbot ein. Frankreich müsse den "Krieg der Symbole" gewinnen und "islamischen Totalitarismus" besiegen. Sein Gegenkandidat Juppe fand dies "veraltet".
Ob er nach seinem Sieg in der Stichwahl auch gute Chancen auf das Präsidentenamt hat, ist unter Experten umstritten. Beim ersten Wahlgang am 23. April 2017 wird der Konservative nicht nur gegen das linke Lager antreten, sondern auch gegen die Kandidatin des rechtspopulistischen Front National (FN), Marine Le Pen. Auf der einen Seite könnte Fillon mit seinem konservativen Kurs FN-Wähler abwerben und Le Pen schaden. Auf der anderen Seite trauen ihm - anders als es bei dem moderateren Juppe gewesen wäre - viele Experten nicht zu, allzu viele Stimmen aus dem linken Lager abzuwerben. Es wird also spannend - und bis zur Wahl kann noch Einiges passieren.