Vor 375 Jahren starb der Maler Anthonis van Dyck

Vom Erfolg verwöhnt und doch nicht glücklich

Veröffentlicht am 09.12.2016 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Malerei

Bonn ‐ Ruhm und Grab fand der flämische Weltenbummler Anthonis van Dyck in London. Denn schon im 17. Jahrhundert war der Kunstbetrieb ein internationales Geschäft. Vor 375 Jahren starb der Maler.

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Die Trauer Karls I. war echt, als er im Dezember 1641 an dem Begräbnis in der Londoner St. Paul's Cathedral teilnahm. Niemand hatte sein königliches Haupt - das er einige Jahre später auf dem Schafott verlieren sollte - so oft, edel und vornehm porträtiert wie der verstorbene Sir Anthony. Hier in England hatte Anthonis van Dyck, flämischer Weltenbummler und bewunderter Hofmaler Seiner Majestät, seine größten Erfolge gefeiert und es zu beachtlichem Wohlstand gebracht. Und doch blieb er bis zum Schluss rastlos, immer auf dem Sprung. Vor 375 Jahren, am 9. Dezember 1641, starb van Dyck in London.

Die Zeit war unruhig wie van Dycks Leben: In seiner Heimat, den Niederlanden, herrschte seit 1568 der Achtzigjährige Krieg, der das Land in die unabhängigen protestantischen Nordprovinzen und die katholischen, habsburgischen Südprovinzen spaltete. Seine Geburtsstadt Antwerpen wurde zur Grenzstadt, blieb jedoch ein bedeutender Umschlagplatz für Luxuswaren wie Seide, Bücher, Diamanten und - Kunst.

Unter Rubens einen eigenen Stil entwickelt

Van Dyck, am 22. März 1599 als siebtes Kind eines wohlhabenden Seidenhändlers in Antwerpen geboren, entdeckte schon als Kind seine Liebe zur Malerei und wurde mit nur zehn Jahren Lehrling bei Hendrik van Balen. Als ihn dann 1616 der Branchenführer Peter Paul Rubens zu sich holte, war er eigentlich über das Stadium eines Lehrlings hinaus und malte bereits meisterhafte Porträts. Obwohl Rubens großen Einfluss auf ihn ausübte, entwickelte van Dyck bei mythologischen und religiösen Themen schon früh einen eigenständigen Stil.

Bild: ©Renáta Sedmáková/Fotolia.com

Ein Ausschnitt aus dem Gemälde "Christus trägt das Kreuz" von Anthonis van Dyck aus dem Jahr 1618. Später malte der flämische Künstler vor allem Porträts.

Mit 19 Jahren wurde er zum Meister der Antwerpener Malergilde ernannt und folgte 1621 einer Einladung an den englischen Hof. Ein Jahr später trieb es ihn nach Genua, von wo aus er ganz Italien bereiste. Er studierte die Meisterwerke der Renaissance und schüttelte die Einflüsse seines Antwerpener Lehrers allmählich ab. Rubenssche Üppigkeit wich italienischer Eleganz. Die kräftigen, warmen Farben seiner Adels-Porträts folgten nun eher Tizian, Correggio oder Veronese.

Zu dieser Zeit tobte in großen Teilen Europas bereits der Dreißigjährige Krieg. 1628 kehrte van Dyck heim nach Antwerpen und schuf vor allem monumentale Altarbilder im Geist der Gegenreformation, etwa eines seiner Hauptwerke, "Die Verzückung des heiligen Augustinus". Kurz arbeitete er als Hofmaler der habsburgischen Statthalterin, Erzherzogin Isabella. Doch trotz guter Auftragslage wechselte er schon 1632 nach England.

Mitbegründer der englischen Landschaftsmalerei

Angelockt von 200 Pfund Monatssalär, einer Stadtresidenz mit sechs Bediensteten und einem Häuschen auf dem Lande, trug van Dyck fortan den Titel eines "Principlle Paynter", des ersten Malers bei Hofe. Der Ritterschlag des Stuart-Königs Karl I. machte aus dem Hofmaler van Dyck den Edlen "Sir Anthony". Mit Porträt-Aufträgen der königlichen Familie und des englischen Adels war er gut ausgelastet. In seiner Freizeit wurde van Dyck zudem noch zum Mitbegründer der englischen Landschaftsmalerei - ein Urahn von Turner und Constable.

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Magermodels hätten von ihm wohl kein Foto bekommen. Stattdessen malte der Künstler Peter Paul Rubens lieber füllige Frauen. Vor 375 Jahren starb der Barockmaler, der auch viele religiöse Kunstwerke schuf. (Artikel von 2015)

Doch vor allem sein Typus des Adelsporträts gelangte zu voller Reife. Mit scharfer Beobachtungsgabe zeigt van Dyck starke Persönlichkeiten von vornehmer Melancholie und stolzer Unnahbarkeit. Zwar wirft man ihm im Allgemeinen vor, er schmeichele seinen Modellen, doch machte der Anblick ihres Porträts die Gräfin von Sussex eher unglücklich: "Das Gesicht ist so groß und so fett, dass es mir gar nicht gefallen mag. Und doch ist es, denke ich, sehr wohl wie das Original."

Vom Erfolg verwöhnt und seit 1639 mit der adligen Mary Ruthven vermählt, wurde Sir Anthony dennoch nicht glücklich. Erst als Rubens 1640 starb, kehrte van Dyck noch einmal in seine Heimatstadt Antwerpen zurück. Nun war er die Lichtgestalt der flämischen Barockschule und bald auch der Vorsteher der Antwerpener Malergilde. Doch nicht lange: Schwer erkrankt, starb Sir Anthony van Dyck am 9. Dezember 1641, acht Tage nach der Geburt seiner Tochter, in London. Sein Grabmal in St. Paul's Cathedral fiel dem großen Stadtbrand von 1666 zum Opfer.

Von Alexander Brüggemann (KNA)