Von A wie Aktentasche bis Z wie Zahnarzt

Das Franziskus-Alphabet

Veröffentlicht am 17.12.2016 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Papst Franziskus

Bonn ‐ Zum 80. Geburtstag von Papst Franziskus beschreibt das Franziskus-Alphabet besondere Momente und Entscheidungen des beliebten Kirchenoberhaupts - von A wie Aktentasche bis Z wie Zahnarzt.

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A

Aktentasche: hat Franziskus immer am Mann. Ob er auf Kuba aus dem Flieger steigt oder in Rom aus dem Kleinwagen: Der Papst von heute trägt Tasche - und zwar selbst.

B

Barmherzigkeit: ist das Motto des Franziskus-Pontifikats. Entstellte, Sträflinge, Obdachlose, Piusbrüder oder Schwesterkirchen - der Papst umarmt und wäscht Füße ohne Vorbehalt.

C

Castel Gandolfo: Urlaub kann er später im Himmel machen - das hat Franziskus mit Johannes Paul II. gemeinsam. Und so hat er die päpstliche Sommerresidenz kurzerhand ins Museum gebracht.

D

Diät: macht Franziskus nicht so gerne. Seit seinem Amtsantritt hat er auch etwas an Leibesfülle zugenommen. Aber gönnen wir ihm doch bitte wenigstens seinen Teller Pasta...

E

Ehrentitel: gehören für Franziskus abgeschafft. Wer auf seinen baldigen "Monsignore" gehofft hatte, muss wohl auf einen anderen Papst warten. Und Kardinal wird man derzeit auch nicht mehr qua Gewohnheitsrecht.

F

Flüchtlinge: sind das zweite große Ausrufezeichen dieses Pontifikats. Eine der ersten Reisen des Papstes ging nach Lampedusa, eine weitere nach Lesbos. Franziskus hält Politik und Gesellschaft im reichen Westen den Spiegel vor.

Papst Franziskus trifft Flüchtlinge auf Lesbos.
Bild: ©KNA

Das Engagement für Flüchtlinge ist ein zentraler Baustein des Franziskus-Pontifikats.

G

Gesundheit: scheint bislang leidlich in Ordnung. Viele hoffen, das möge noch lange so bleiben. Ob es ärztliche Ratschläge zum Kürzertreten gibt, die der Papst ignoriert? Die Schweigepflicht hält.

H

Hotelrechnung: begleicht der Pontifex selbst. Nach seiner Papstwahl 2013 ließ es sich der Mann der Gesten nicht nehmen, selbst an der Rezeption vorzusprechen, um für die Zeit des Konklaves zu bezahlen.

I

Interviews: sind unter dem argentinischen Papst Gewohnheit geworden. Zum Unmut von Nachrichtenjournalisten, aber zur Freude derer, die wissen wollen, was ein Papst über Tag so alles denkt.

J

Jesuiten: Auch wenn er seit seiner Bischofsweihe quasi passives Mitglied ist, hat Franziskus das Denken seines Ordens doch stark verinnerlicht. Lieber schaut er auf den Einzelfall, statt stur einer Regel zu folgen.

K

Karnickel: sollen nach seinen Worten kein Vorbild für Katholiken sein - zumindest, was die Kinderzahl angeht. Darf ein Papst so reden? Für Franziskus ist das nicht die entscheidende Frage.

L

Linksruck: hat stattgefunden. Oder doch nicht? Franziskus schillert. In vielem scheint er sogar konservativer als all seine Vorgänger. Welcher Papst hat zuletzt schon so überzeugend von Hölle und Teufel gesprochen?

M

Maria: ist keine Postbotin für irgendwelche Privatbotschaften, sagt Franziskus. Und doch kommt sie für ihn ziemlich weit vorn. Seine Amtszeit stellte er unter den Schutz der Madonna von Fatima; und vor jeder Reise besucht er die römische Basilika Santa Maria Maggiore.

Papst Franziskus besuchte am ersten Tag nach seiner Wahl (am 14. März 2013) die Basilika Santa Maria Maggiore in Rom.
Bild: ©KNA

Papst Franziskus besuchte bereits am ersten Tag nach seiner Wahl die Basilika Santa Maria Maggiore in Rom.

N

Nobelpreis: hat er noch nicht. Früher nahmen Päpste gar keine Auszeichnungen an. Der Karlspreis für den Europa-Kritiker Franziskus war eine Überraschung. Der Friedensnobelpreis wäre eine ganz neue Qualität.

O

Obdachlose: Einen Friseurladen und eine Dusche braucht jeder - auch Wohnungslose. Franziskus ließ beides in die Bernini-Kolonnaden einbauen. Das Amt des Almosenmeisters ist eines der wichtigsten im Vatikan geworden.

P

Privatsekretär: braucht Franziskus nicht gar so sehr wie seine Vorgänger. "Ich entscheide selbst, mit wem ich telefoniere", sagt er - und tut das dann auch.

Q

Quo vadis, Vatikan? Das fragen sich viele, "Revolutionäre" wie "Konterrevolutionäre". Die Antwort hält wohl Franziskus selbst in der Hand: mit der Auswahl jener Kardinäle, die einst seinen Nachfolger wählen werden.

R

Ränder: das dritte Franziskus-Ausrufezeichen. Dorthin geht er - reist in wenig beachtete Länder, besucht Randgruppen wie Sträflinge, macht Bischöfe aus Tonga und den Kapverden zu seinen Senatoren.

S

Selbstkritik: und noch ein Ausrufezeichen! Franziskus legt die Finger in alle Wunden der Kirche: sich selbst genügend sei sie, pharisäisch, beamtenhaft. Er will sie im Dienst verbeult und mit dem Staub der Straße sehen. Eine Rosskur.

T

Teller: dürfen tagsüber fliegen - wenn man sich abends wieder versöhnt. Familienleben - ein Anliegen und ein nie versiegender Born für Franziskus' Bildersprache. Ob "vertrocknete Großmutter", Homosexuelle oder wiederverheiratete Geschiedene: Sie sind stets im Blick.

Bild: ©KNA

Auf seiner Armenien-Reise im Juni dieses Jahres bezeichnete Papst Franziskus das Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich als Völkermord.

U

Überraschungsanrufe: macht er gerne. Wenn ihm jemand auf einer Postkarte eine Nummer hinterlässt und ihm das Anliegen wichtig ist, meldet sich auch schon mal der alleroberste Telefonseelsorger: "Hallo, hier spricht Franziskus."

V

Völkermord: nennt er beim Namen. Angst vor dem türkischen Staatspräsidenten Erdogan kennt er nicht, wenn es darum geht, den Genozid an den Armeniern nicht zu beschönigen.

W

Wegwerfkultur: ein wichtiger Begriff im Koordinatensystem von Franziskus. Mitmenschlichkeit und Ökologie, Umweltthemen und der tägliche Umgang miteinander sind zwei Seiten der einen Medaille. Dazu passen auch B wie "Blutsauger" und K wie "Kapitalismuskritik".

X

Xenophobie: darf nicht sein. Im anderen immer den Mitmenschen zu sehen - darum geht es dem Papst "vom anderen Ende der Welt", mit jeder seiner Aussagen und Gesten.

Y

Yad Vashem: Auch dort war er schon. Und er nahm dabei einen alten Freund aus Argentinien mit - einen Rabbiner. Auch das ist typisch für den Freund des direkten Gesprächs.

Z

Zahnarzt: Auch dort muss ein Papst hin - aber nicht ohne auf dem Weg zu beten, wie er kürzlich in einem Kinderbuch gestand.

Von Alexander Brüggemann (KNA)