Bischof Huonder erreicht Altersgrenze von 75 Jahren

Was wird 2017 aus dem Bistum Chur?

Veröffentlicht am 29.12.2016 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Vitus Huonder im Porträt
Bild: © KNA
Schweiz

Zürich ‐ Die Schweizer Diözese Chur macht immer wieder Schlagzeilen - oder vielmehr ihr Bischof. Im April wird Vitus Huonder die Altersgrenze von 75 Jahren erreichen. Viele Katholiken haben dann nur einen Wunsch.

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Zum Jahresende ist wieder Bewegung in der Churer Gerüchteküche. Viele Katholiken in der schwierigen deutschschweizer Diözese ziehen Bilanz - und fragen sich, was wohl 2017 innerkirchlich passieren wird. Ihr ebenso konservativer wie fitter Oberhirte Vitus Huonder erreicht im April die Altersgrenze von 75 Jahren, in der Bischöfe dem Papst ihren Amtsverzicht anbieten müssen. Ergo wird schon fleißig am Personalkarussell gedreht.

Huonder, seit 2007 im Amt, pocht auf den Buchstaben des Katholischen, und er scheut sich nie, ihn als verbindlich einzufordern. Mal gab es Streit um Abtreibungsfinanzierung, mal um den Umgang mit Homosexualität, um Ehe und Familie oder die Leitung des Priesterseminars. Die Protestierer beklagten, die Schweizer Bischöfe ließen sich gefallen, dass Huonder die Themen diktiere. Man habe genug von Disziplinierung, "hartherziger Theologie" und misstrauischen Bischöfen. Huonders Anhänger hielten stets dagegen, der Bischof handele immer in Einklang mit kirchlicher Lehre und Kirchenrecht.

Linktipp: "Gibt es keinen Neuanfang, ist das Bistum tot"

Tief ist der Konflikt zwischen Gläubigen und dem konservativen Bischof Huonder im Schweizer Bistum Chur. Nun machen zwei Generalvikare einen ungewöhnlichen Vorschlag für die Nachfolge Hunoders, der bald 75 wird. (Artikel von Oktober 2017)

Der Züricher "Tagesanzeiger" (Mittwoch) spielt die Szenarien 2017 nun von rechts nach links durch - lässt dabei aber folgende Variante aus: Huonder bleibt. Schließlich ist Papst keineswegs gebunden, den angebotenen Amtsverzicht auch gleich anzunehmen. Der Churer Bischof erhielt an Franziskus' Geburtstag Mitte Dezember eine Privataudienz. Die beiden dürften nach dem Vier-Augen-Gespräch bereits mehr wissen.

Variante eins: Der Wahlvorgang eines Nachfolgers läuft schon bald nach Huonders 75. Geburtstag und wie für das Bistum Chur vorgesehen: also mit einer Liste aus Rom ("Terna"), aus der das Domkapitel einen Kandidaten auswählen kann. Der einstige Kölner Kardinal Josef Frings sagte freilich einmal über das Verfahren: "Auf der Dreierliste stehen ein Neger, ein Chinese und der, der es werden soll." So war es auch 2007 in Chur, als zwei im Bistum Unbekannte benannt waren - und eben Huonder. Der dienstälteste Domkapitular Franz Stampfli sieht darin bis heute eine faktische Aushebelung des Wahlrechts - weil eigentlich keiner der drei wählbar gewesen sei.

Als Kandidaten für 2017 werden ventiliert: der Freiburger Weihbischof Alain de Remy (58), sprachgewandt, konservativ und als früherer Kaplan der Schweizergarde angeblich Tennispartner von Papstsekretär Erzbischof Georg Gänswein, zudem Vertrauter des Churer Generalvikars Martin Grichting. Ferner der Churer Weihbischof Marian Eleganti (61), der als Kompromisskandidat, aber als zu wenig profiliert eingestuft wird. Zudem Andreas Rellstab (50), einst Generalvikar, nun jedoch als Pfarrer in Zürich im selbstgewählten Exil.

Bild: ©santosha57/Fotolia.com

Die inzwischen beigelegte Diskussion, ob der Kanton Zürich das Bistum Chur verlassen wird, hatte Bischof Huonder losgetreten.

Weiter werden genannt die beiden Äbte von Einsiedeln: der frühere "Twitter-Abt" Martin Werlen (54), als Liberaler ein ausdrücklicher Kandidat der "Linken" im Bistum, sowie sein amtierender, noch "junger" Nachfolger Urban Federer (48). Beiden wird allerdings fehlende Ambition auf den schwierigen Posten in Chur nachgesagt - im Gegensatz zu Huonders Schatten und Generalvikar Martin Grichting (49). Ihn sieht Domherr Stampfli als chancenlos an. Seine Polemiken gegen die aufmüpfigen Kantonalkirchen hätten zu viel verbrannte Erde hinterlassen.

Variante zwei: Eine Teilung des Bistums und die Neugründung einer Diözese Zürich wird inzwischen ausgeschlossen. Damit würde den ländlichen Kantonen quasi der Geldhahn und damit die Lebensgrundlage abgeschnitten. Viele genervte Katholiken in Graubünden, Schwyz und Zürich wünschen sich ohnehin statt eines neuen Bischofs lieber erst mal eine mehrjährige Ruhepause unter einem aus Rom eingesetzten Administrator, um die aufgerissenen Gräben zuschütten zu können.

Variante drei: Martin Kopp, Generalvikar für die Urschweiz, etwa schlägt eine Zeit von sechs oder sieben Jahren bis zur Wahl eines neuen Bischofs vor. Er sagt deutlich: "Wenn nächstes Jahr einfach jemand aus dem Lager gewählt wird, das aktuell in Chur den Kurs bestimmt, und es keinen Neuanfang gibt, ist das Bistum tot." Die Forderung nach einer Übergangslösung lässt bei Huonders Anhängern die Alarmglocken läuten. Sie argumentieren nun umgekehrt mit einem Widerspruch zum demokratischen Prinzip: Dem Domkapitel (und damit dem Bistum) werde so sein Recht auf Mitbestimmung entzogen.

Von Alexander Brüggemann (KNA)