Riesen-Gemeinde im Wüstensand
Pfarrer Reinhold Sahner rockt. Auf der Tanzfläche vor St. Francis, gemeinsam mit Kindern aus Europa, Indien, den Philippinen und mit einer ebenfalls tanzenden, mannshohen Tigerente. Die Stimmung ist ausgelassen beim "Kinder- und Spieletag" der katholischen Gemeinde von Dubai, deren Kirche St. Francis rund 30 Kilometer außerhalb der auf Wüstensand gebauten Mega-City liegt.
Die Stände mit Popcorn, Hot-Dogs und Biriyani auf dem Fest belegen die große Vielfalt an Nationen, die hier am Persischen Golf zu Hause sind: "Jedes Land bringt seine Kultur bei unseren Feiern so ein bisschen rüber", sagt Ralf Hellrung, einer der 12.000 Deutschen in der Region. Er arbeitet als Bau-Ingenieur in Dubai, ist mit einer Brasilianerin verheiratet und engagiert sich ehrenamtlich in St. Francis. "Als ich vor eineinhalb Jahren in Dubai ankam, war ich wirklich erstaunt, wie stark der katholische Glauben hier ausgeübt werden darf", fügt er an.
Der Scheich legte den Grundstein
Öffentlich ein Kreuz zu tragen und zu seinem christlichen Glauben zu stehen ist in dem reichen islamischen Emirat kein Problem. Zudem findet sich wohl nirgendwo auf der Welt eine größere Gemeinde: Rund eine halbe Million Katholiken gehören zu den beiden Kirchen St. Francis und St. Mary. Letztere wurde bereits Mitte der 1960er Jahre gegründet - der damalige Herrscher Scheich Rashid Bin Saeed Al Maktoum gewährte den Bau auf Anfrage des damaligen Priesters sofort und legte sogar höchstselbst den Grundstein dafür.
Rund 2.000 Menschen passen in den riesigen Kirchenraum von St. Mary, die zentral in der Nähe des Creek Parks liegt. Am Wochenende werden täglich bis zu sieben Messen in verschiedenen Sprachen gefeiert - alle sind proppenvoll. Selbst in den Gängen und draußen drängen sich die Menschen.
Die Gemeinde wächst
Laut Pfarrer Reinhold Sahner nimmt die Zahl der Gläubigen rasant zu: "Wir wachsen fast zu schnell, als dass wir diese große Zahl auffangen können", räumt er ein - und weiß, dass dies ein Zustand ist, von dem manch anderer träumt. Der Geistliche, aus dem Badischen stammend und seit 2015 Pfarrer von St. Francis, war über 20 Jahre lang Auslandsseelsorger in Kopenhagen. Sein Interesse gilt den Sprachen; in Dänemark beschäftigte er sich intensiv mit "Deutsch als Fremdsprache" und legte in diesem Fach die Dänische Staatsprüfung für das Höhere Lehramt ab.
Der große Zuspruch für das Christentum in den Emiraten erstaunt ihn selber. Volle Kirchenbänke, fünf Kindertaufen in der Woche, fünfzig Eheschließungen im Jahr und - damit verbunden - viele Übertritte zur katholischen Kirche. Denn wenn der eine Ehepartner Katholik ist, will meist der andere nicht Hindu oder Buddhist bleiben.
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Deutsche Weihnachten stehen für Gemütlichkeit - mit dem Duft von gebrannten Mandeln, mit Adventskalendern und Schwibbögen. Damit lassen sich auch im Ausland Geschäfte machen. Weihnachten "made in Germany" ist ein Exportschlager. (Artikel von 2015)"Dubai ist auf Business ausgerichtet und außer Arbeit gibt es nicht sehr viel, was man machen kann. Oder es ist ausgesprochen teuer. Da ist die Kirche ein Ort, wo man sich aufhalten kann, wenn man frei hat", sagt der Priester, dem vor allem die Seelsorge am Herzen liegt. Dazu gehört auch die Unterstützung von Menschen, die am Rande der auf Geld, Gold und Glamour fixierten Stadt leben. Der Anteil philippinischer, pakistanischer und afrikanischer Gastarbeiter ist sehr hoch, viele von ihnen leben zu Zehntausenden in sogenannten Labourcamps und finden im Glaubensleben ein Stück Heimat. Zu Weihnachten erhalten sie von den Jugendlichen aus der Gemeinde gespendete Ess-Päckchen mit Reis, Öl und Konserven.
Gott finden inmitten des Luxus
In der auf Äußerlichkeiten fixierten Stadt findet so mancher zum Glauben. "Ich gehörte früher zu dieser Dubai-Society dazu", erzählt Johanna aus Südafrika. Aber dann habe sie eines Tages vor der Mutter Gottes in St. Francis gestanden. "Aus der Statue wurde für mich ein lebendiges, menschliches Wesen. Ich fand auf diese Weise tief in den Glauben. Dubai hat mich verändert."
Christentum und Islam - in Dubai gehen beide Religionen eine erstaunliche Symbiose ein. Dennoch gebe es in einem Punkt noch Luft nach oben, sagt Pfarrer Sahner - beim interreligiösen Dialog. Doch für das, was überhaupt hier möglich ist - als größte katholische Gemeinschaft der Welt in einem islamischen Land akzeptiert zu sein - zeigen sich alle dankbar. Dubais Herrscherfamilie Al Maktoum wird deshalb ganz selbstverständlich in die täglichen Fürbitten einbezogen.