Wort der deutschen Bischöfe zu "Amoris laetitia" veröffentlicht

Wiederverheiratete dürfen im Einzelfall zur Kommunion

Veröffentlicht am 01.02.2017 um 12:01 Uhr – Lesedauer: 
Wiederverheiratete dürfen im Einzelfall zur Kommunion
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Bischofskonferenz

Bonn ‐ Die deutschen Bischöfe positionieren sich zu "Amoris laetitia". Das Ergebnis: Wiederverheiratete Geschiedene dürfen Beichte und Eucharistie empfangen - allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen.

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Die deutschen Bischöfe erlauben wiederverheirateten Geschiedenen im Einzelfall den Empfang von Beichte und Eucharistie. Das Papstschreiben "Amoris laetitia" eröffne die Möglichkeit des Sakramentenempfangs nach einem Prozess der Entscheidungsfindung und Gewissensbildung, heißt es in einem am Mittwoch in Bonn veröffentlichten Schreiben der Bischöfe. Allerdings könnten "nicht alle Gläubigen, deren Ehe zerbrochen ist und die zivil geschieden und wiederverheiratet sind", ohne Unterscheidung die Sakramente empfangen.

Die Bischöfe plädieren deshalb für den von Papst Franziskus vorgeschlagenen geistlichen Prozess, der auf den drei zentralen Leitbegriffen Begleiten, Unterscheiden und Eingliedern aufbaut. Am Ende eines solchen Prozesses stehe aber nicht in jedem Fall der Empfang der Sakramente von Buße und Eucharistie. "Die individuelle Entscheidung, unter den jeweiligen Gegebenheiten nicht oder noch nicht in der Lage zu sein, die Sakramente zu empfangen, verdient Respekt und Achtung", so die Bischöfe. Aber auch eine Entscheidung von Betroffenen für den Sakramentenempfang gelte es zu respektieren.

Weder laxe noch rigoristische Haltung

Sowohl eine laxe Haltung ohne intensives Hinsehen als auch eine rigoristische Haltung gilt es laut dem Wort der Bischöfe zu vermeiden. "An die Stelle solcher extremer Haltungen soll die Unterscheidung im persönlichen Gespräch treten." Die Bischöfe sehen ihre Aufgabe deshalb darin, "den Weg der Gewissensbildung der Gläubigen zu vertiefen". Dazu sei es nötig, die Seelsorger zu befähigen und ihnen Kriterien an die Hand zu geben. Solche Kriterien führe der Papst in ausführlicher und hervorragender Weise selbst in seinem Schreiben an (AL 298–300). In den entsprechenden Kapiteln geht es unter anderem um Aspekte wie Schuld und Reue, aber auch um praktische Fragen wie die der Kindererziehung.

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Das nachsynodale Schreiben "Amoris laetitia" von Papst Franziskus.

Das siebenseitige Wort der deutschen Bischöfe gliedert sich in vier Kapitel. Neben der Frage nach dem Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen geht es um die Themen Ehevorbereitung, Ehebegleitung und die Stärkung der Familie als Lernort des Glaubens. Konkrete Handlungsanweisungen für Seelsorger oder Gläubige enthält das Dokument nicht. Die Veröffentlichung des Schreibens hatte sich hingezogen. Noch auf der Vollversammlung der Bischöfe im vergangenen Herbst war nicht klar, ob es überhaupt eine gemeinsame Stellungnahme aller deutschen Bischöfe zu "Amoris laetitia" geben würde.

Bisher haben sich nur wenige Bischofskonferenzen weltweit zum Papstschreiben geäußert. Als erstes hatten die argentinischen Bischöfe knapp ein halbes Jahr nach Veröffentlichung von "Amoris laetitia" eine "Orientierungshilfe" für ihre Geistlichen veröffentlicht. Die katholische Kirche von Malta zog vor gut zwei Wochen nach und fasste ihre Richtlinien noch weiter als die argentinischen und jetzt die deutschen Bischöfe. Auf Malta dürfen Wiederverheiratete dann zur Kommunion, wenn sie zu der Überzeugung kommen, "in Frieden mit Gott zu sein". Darüber hinaus veröffentlichten einzelne Diözesanbischöfe nach dem Erscheinen von "Amoris laetitia" Handreichungen für ihre Gläubigen. Das Papstschreiben war im März 2016 erschienen. Vorausgegangen waren zwei Bischofssynoden im Vatikan zum Thema Ehe und Familie.

Von Björn Odendahl

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Lange hat es gedauert, bis die deutschen Bischöfe sich auf eine gemeinsame Position zu Amoris Laetitia verständigt haben. Das Ergebnis stellt die Weichen für Pastoral und Dogmatik im Sinne des Papstes.
Treffen sich regelmäßig im Frühjahr und Herbst zu ihrer Vollversammlung: Die deutschen Bischöfe.
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Das Schreiben der deutschen Bischöfe beinhaltet neben den wiederverheirateten Geschiedenen auch die Themen Ehevorbereitung, Ehebegleitung und die Familie als Lernort des Glaubens.

Das steht sonst noch im Wort der Bischöfe

Ehevorbereitung

Aufgrund einer komplexen gesellschaftlichen Wirklichkeit bedarf es laut der Bischöfe weiterer Anstrengungen zur Entwicklung eines Ehekatechumenats, der den Weg zur Ehe als bewussten Glaubensweg begleitet. In den Diözesen gebe es bereits zahlreiche Modelle, Initiativen und Projekte von der Jugendarbeit über den Religionsunterricht bis zu Paar- und Eheseminaren. "Viele dieser Angebote finden aber zu punktuell statt und erreichen zu wenige Paare", urteilen die Bischöfe. Daher bedürfe die Ehevorbereitungspastoral einer Intensivierung, eines verbindlicheren und zugleich überzeugenderen Charakters.

Ehebegleitung

"Ausdrücklich fördern wir alle Bemühungen von Ehe- und Familienkreisen in Pfarreien, Verbänden und geistlichen Gemeinschaften", heißt es im Wort der Bischöfe mit Blick auf die Ehebegleitung. Die Entfaltung einer Ehe- und Familienspiritualität liege ihnen besonders am Herzen. Gleichzeitig wisse man um die Problemen und Schwierigkeiten, die Familien im Alltag hätten. Die Bischöfe bedanken sich ausdrücklich bei allen Engagierten in der Caritas, der Ehe- und Familienpastoral, den kirchlichen Beratungsstellen sowie in den Pfarreien. Ein besonderes Augenmerk werfen sie auf die konfessionsverbindenden Ehen und die damit verbundenen Herausforderungen in der Ökumene. "Wir sind uns bewusst, dass es nicht leicht ist, die katholische Position in unserer Zeit zu vermitteln und zugleich in pastoraler Verantwortung mit dieser Frage umzugehen", heißt es etwa mit Blick auf die Trennung von Eucharistie und Abendmahl.

Familie als Lernort des Glaubens stärken

Die Bischöfe weisen auf die besondere Bedeutung der Familie als Lernort des Glaubens hin. Hilfreich seien tägliche Rituale mit den Kindern, zum Beispiel das gemeinsame Gebet oder das Segenskreuz. Hinzu kämen die bewusste Gestaltung des Sonntags und kirchlicher Feste sowie Gespräche über den Glauben. Die Bischöfe wollen Eltern und Großeltern künftig noch stärker darin unterstützen, immer wieder neu geeignete Formen für die Gestaltung religiöser Elemente und Rituale zu suchen und zu finden. (bod)

Das Wort der Bischöfe im Wortlaut

Wort der deutschen Bischöfe - "Die Freude der Liebe, die in den Familien gelebt wird, ist auch die Freude der Kirche". Einladung zu einer erneuerten Ehe- und Familienpastoral im Licht von Amoris laetitia.