Hilfswerke wenden sich an Bundeskanzlerin

Appell an Merkel vor Reise nach Ägypten

Veröffentlicht am 01.03.2017 um 19:06 Uhr – Lesedauer: 
Menschenrechte

Berlin ‐ Sie gelten als schwierig, aber Deutschland sieht in Ägypten und Tunesien wichtige Partner in der Flüchtlingskrise. Hilfswerke warnen die Kanzlerin: Menschenrechte werden verletzt, Christen im Stich gelassen.

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Hilfswerke appellieren an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), auf ihrer Reise nach Tunesien und Ägypten Menschenrechtsthemen deutlich anzusprechen. Die autoritäre Regierung Ägyptens missachte menschenrechtliche Standards im Umgang mit der eigenen Bevölkerung und mit Flüchtlingen, mahnte das evangelische Hilfswerk Brot für die Welt.

Brot für die Welt appellierte an Merkel, sich in Ägypten für die Achtung der Menschenrechte, für eine unabhängige und freie Zivilgesellschaft und für den Flüchtlingsschutz stark zu machen. Es brauche dringend legale Einreisemöglichkeiten, etwa über humanitäre Visa, sagte die Hilfswerks-Präsidentin Cornelia Füllkrug-Weitzel. "Außerdem braucht es eine Stärkung entwicklungspolitischer Maßnahmen, die den Menschen in ihren Herkunftsländern Perspektiven eröffnen."

Die etwa neun Millionen zählende koptisch-christliche Minderheit fühle sich von Polizei und Militär im Stich gelassen und müsse besser vor Terroranschlägen geschützt werden, sagte Brot für die Welt. Merkel wird in Ägypten in der koptischen Markus-Kathedrale mit dem Papst von Alexandrien und Patriarchen des Heiligen Stuhls, Papst-Patriarch Tawadros II., zusammentreffen.

Caritas-Präsident hegt große Skepsis gegenüber Auffanglagern

Caritas-Präsident Peter Neher zeigte sich skeptisch mit Blick auf den Vorschlag von Auffanglagern für Flüchtlinge in Tunesien. Ob mit Blick auf menschenrechtliche Standards eine solche Zusammenarbeit denkbar sei, sei zweifelhaft.

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Wöchentlich fielen Christen im Norden der unruhigen Sinai-Halbinsel zuletzt Anschlägen zum Opfer. Jetzt fliehen die Familien vor dem Terror. Ägyptens Präsident al-Sisi will der Minderheit nun helfen.

Unter keinen Umständen dürfe die EU mit solchen Lagern die Verantwortung für Flüchtlinge an Nordafrika abgeben, mahnte Neher. "Gleichzeitig muss man davon ausgehen, dass selbst wenn es funktionierende Auffanglager gäbe, diese dennoch Menschen nicht davon abhalten könnten, sich in verzweifelter Lage andere Wege in die EU zu suchen", gab Neher zu bedenken. Vielmehr müsse geklärt werden, wie es gelinge, Migranten einen geregelten Zugang nach Europa zu schaffen.

Das Kinderhilfswerk terre des hommes appellierte an Merkel, auf ihrer Reise, "die Pläne zur Kasernierung von Flüchtlingen außerhalb des Hoheitsgebietes der EU nicht weiter zu verfolgen". Amnesty International forderte die Kanzlerin auf, der Regierung deutlich zu machen, dass eine Vertiefung der Zusammenarbeit mit Deutschland nur denkbar sei, wenn die Menschenrechte in Ägypten geachtet würden.

Merkel redet in Kairo und Tunis nicht über Auffanglager

Am Donnerstag trifft Merkel den ägyptischen Ministerpräsidenten Sherif Ismail in Kairo, anschließend kommt sie mit dem ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi zusammen. Am Freitag besucht die Kanzlerin Tunesien. In Tunis wird sie mit Präsident Beji Caid Essebsi und Ministerpräsident Youssef Chahed zu Gesprächen zusammenkommen.

In beiden Ländern sollen auch Flüchtlings- und Migrationsfragen besprochen werden. Merkel wird voraussichtlich nicht auf die Errichtung umstrittener Auffanglager für Flüchtlinge dort dringen. Sie werde in Kairo und Tunis über Rückführung von Flüchtlingen, Finanzhilfen für deren bessere Lebensbedingungen, den Kampf gegen Schleuser, Unterstützung für den Aufbau eigener Asylsystems und Zusammenarbeit beim Grenzschutz sprechen, verlautete am Mittwoch aus Regierungskreisen in Berlin, berichtet die Deutsche Presse-Agentur. (luk/KNA/dpa)