Hirten fürchten Schwierigkeiten im gesellschaftlichen Zusammenleben

Österreich: Bischöfe gegen Verhüllungsverbot

Veröffentlicht am 10.03.2017 um 09:50 Uhr – Lesedauer: 
Politik

Wien ‐ Österreichs Regierung plant zum Juli ein striktes Verbot der Vollverschleierung. Die Bischöfe sehen das mit großer Sorge - und zwar aus mehreren Gründen.

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Die Österreichische Bischofskonferenz sagt Nein zu einem generellen Verhüllungsverbot. In ihrer Stellungnahme zum geplanten Integrationsgesetz äußert sie vor allem zum Entwurf für ein "Anti-Gesichtsverhüllungsgesetz" menschenrechtliche Bedenken, wie die Presseagentur Kathpress berichtet. Ein generelles Verhüllungsverbot stünde "in Spannung" mit den Artikeln 8 bis 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention, so die Bischöfe. Die Eingriffe in die allgemeinen Persönlichkeitsrechte könnten zu einem "nicht ungefährlichen Präzedenzfall" werden. Daher unterstütze man das allgemeine Verbot nicht.

Bischöfe fürchten "Eskalation"

Die grundsätzliche Freiheit, Kleidung frei wählen und öffentlich tragen zu können, müsse gewährleistet sein, warnen die Bischöfe. Dies gelte insbesondere für Frauen, deren Freiheit von dem angestrebten Verbot in besonderem Maß betroffen wäre. Einschränkungen könnten "nur in bestimmten, aber konkret zu rechtfertigenden Ausnahmefällen zulässig sein". Eine Verhüllung aus Gründen religiöser Überzeugung oder kultureller Identität bzw. aus anderen "statthaften Motivationen" heraus könne auch Ausdruck einer legitimen Vielfalt in einer pluralen demokratischen Gesellschaft sein.

In jedem Fall müsse aus der Erfahrung jener Länder, in denen ähnliche Regelungen bereits seit längerem in Kraft sind, befürchtet werden, dass das Zusammenleben erschwert und das wechselseitige Unverständnis "eher einer Eskalation als dem Gegenteil zugeführt" werden würde.

Nach dem Wortlaut des Gesetzentwurfs bestehe zudem keine Ausnahme vom Verhüllungsverbot für öffentlich zugängliche religiöse Orte oder für Handlungen aus religiöser Motivation, kritisieren die Bischöfe. Solche Ausnahmebestimmungen seien in jedem Fall erforderlich, um das Risiko eines verfassungswidrigen Eingriffs in die gesetzlich geschützten inneren Angelegenheiten anerkannter Religionsgesellschaften zu vermeiden.

Zu unbestimmt sind Österreichs Bischofskonferenz auch die im Entwurf festgeschriebenen "Werte- und Orientierungskurse" für Asylberechtigte und subsidiär Schutzbedürftige. Menschen hätten in einer pluralen Gesellschaft legitimerweise unterschiedliche, ja mitunter einander sogar widersprechende Wertvorstellungen. Konkreter sei zu formulieren, dass in den Kursen die Grundsätze der Staats-, Rechts- und Gesellschaftsordnung Österreichs als demokratischer Rechtsstaat zu erklären und zu vermitteln seien.

Verbot soll im Juli in Kraft treten

Das Verbot der Vollverschleierung soll nach den Plänen der Regierung zum 1. Juli in Kraft treten. Im Entwurf heißt es: "Wer an öffentlichen Orten oder in öffentlichen Gebäuden seine Gesichtszüge durch Kleidung oder andere Gegenstände in einer Weise verhüllt oder verbirgt, dass sie nicht mehr erkennbar sind, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 150 Euro zu bestrafen". Ausgenommen wäre eine Verhüllung im Rahmen "künstlerischer, kultureller oder traditioneller Veranstaltungen", beim Sport oder aus gesundheitlichen oder beruflichen Gründen. (KNA)