Migrationsbischof spricht bei Konferenz "Leben in der Illegalität"

Heße fordert bessere medizinische Hilfe für Illegale

Veröffentlicht am 16.03.2017 um 11:15 Uhr – Lesedauer: 
Migration

Berlin ‐ Migrationsbischof Stefan Heße ist eindeutig: Der Staat darf illegale Einwanderer abschieben. Aber er darf ihnen nicht verwehren, was sie für ein menschenwürdiges Leben brauchen.

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Die deutschen Bischöfe fordern eine menschenwürdige medizinische Versorgung auch der "illegalen" Zuwanderer. Deren Situation sei "vielfach dramatisch", sagte der Hamburger Erzbischof Stefan Heße am Donnerstag in Berlin. Der Vorsitzende der Migrationskommission der Deutschen Bischofskonferenz sprach bei einer Tagung des Katholischen Forums "Leben in der Illegalität", das er ebenfalls leitet. Nach Schätzungen leben bundesweit bis zu eine halbe Million Zuwanderer in aufenthaltsrechtlicher Illegalität.

Heße kritisierte, solche Migranten riskierten weiterhin eine Abschiebung, wenn sie medizinische Hilfe in Anspruch nähmen. Zwar hätten auch sie einen gesetzlichen Anspruch zumindest auf Notfallversorgung. Sie müssten jedoch befürchten, dass ihr fehlender Aufenthaltsstatus etwa bei einer Kostenerstattung durch das Sozialamt der Ausländerbehörde bekannt werde. Deshalb zögerten viele von ihnen einen Arztbesuch so lange hinaus, bis eine Krankheit "lebensbedrohliche Ausmaße annimmt".

Staat muss Menschenwürde aller beachten, sagt Heße

Der Migrationsbischof rief die Politik auf, sicherzustellen, dass auch solche Zuwanderer einschließlich schwangerer Frauen eine medizinische Grundversorgung angstfrei in Anspruch nehmen könnten. Diese Aufgabe dürfe "nicht dauerhaft und flächendeckend" ehrenamtlichen Initiativen wie der Malteser Migranten Medizin überlassen bleiben. Es sei "Aufgabe des Staates, Fragen der Einreise und des Aufenthalts zu regulieren", räumte Heße ein. "Dies lässt sich jedoch nicht lösen von der Pflicht, die Wahrung der individuellen Würde der betroffenen Menschen zu beachten." Die Politik dürfe dies "nicht einfach mit Verweis auf sicherheitspolitische und ordnungspolitische Erwägungen nonchalant vom Tisch wischen".

Heße betonte, seit Gründung des Illegalitäts-Forums vor 13 Jahren seien bereits Verbesserungen für Zuwanderer ohne Aufenthaltsstatus erreicht worden. So seien Schulen und Kindertagesstätten seit 2011 nicht mehr verpflichtet, den Aufenthaltsstatus eines Kindes den Behörden zu melden. Diese Änderung sei jedoch noch nicht allen Behörden bekannt, bemängelte der Erzbischof.

Das Katholische Forum "Leben in der Illegalität" wurde auf Initiative der Bischofskonferenz gegründet. Darin sind Institutionen vertreten, die sich für Zuwanderer ohne Aufenthaltsstatus engagieren. Zudem kooperiert das Forum mit dem Rat für Migration, einem bundesweiten Zusammenschluss von Wissenschaftlern, und der Katholischen Akademie in Berlin. (KNA)

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