Er engagierte sich für die Aussöhnung von Deutschen und Tschechen

Prager Kardinal Vlk mit 84 Jahren gestorben

Veröffentlicht am 18.03.2017 um 12:26 Uhr – Lesedauer: 
Eine schwarz-weiße Aufnahme des verstorbenen Prager Kardinals Miloslav Vlk
Bild: © KNA
Tschechien

Prag ‐ Vom Fensterputzer zum Kardinal: Der Weg des Prager Alterzbischof Miloslav Vlk war keineswegs gerade. Große Verdienste erwarb er sich um die Aussöhnung zwischen Tschechen und Deutschen. Nun ist er gestorben.

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Der Prager Kardinal und Alterzbischof Miloslav Vlk ist tot. Er erlag am Samstag im Alter von 84 Jahren einem Krebsleiden, wie Vlks Nachfolger, Erzbischof Dominik Duka, mitteilte. Vlk gehört zu den prägenden Gestalten der Kirche in Mittel- und Osteuropa nach dem Sturz des Kommunismus. Seit der politischen "Wende" von 1989 setzte er sich mit ganzer Kraft für den Wiederaufbau der katholischen Kirche seines Landes ein.

Papst Franziskus würdigte Vlk in einem Beileidstelegramm als engagierten und großherzigen Hirten. "Stets folgsam den Eingebungen des Heiligen Geistes" habe der Kardinal eine echte kirchliche Erneuerung bewirkt, schrieb der Papst an Vlks Nachfolger Duka. In einem für solche Anlässe ungewöhnlich persönlichen Ton schrieb Franziskus weiter, er erinnere sich "mit Bewunderung" an Vlks "hartnäckige Treue zu Christus trotz der Entbehrungen und der Verfolgungen gegen die Kirche".

Der Prager Kardinal bemühte sich lange um die Restitution des von den Kommunisten verstaatlichten Kircheneigentums und scheute dabei auch nicht vor Gerichtsprozessen mit dem Staat zurück. Große Verdienste erwarb er sich um die Aussöhnung zwischen Tschechen und Deutschen. Vlks schwere Erkrankung war zu Jahresbeginn diagnostiziert worden. Er litt an Lungenkrebs mit Metastasen in den Knochen. Während einer Chemotherapie verschlechterte sich sein Zustand durch Blutungen im Zwölffingerdarm weiter.

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Die Nachricht von seiner Erkrankung löste eine Welle von Solidaritätsbekundungen aus. Vlk genoss über Tschechien hinaus hohes Ansehen. Papst Franziskus hatte Vlk in einem Telefonat aus dem Vatikan Genesungswünsche übermittelt, was dem Kardinal nach eigenen Worten noch einmal Lebensmut gab.

Am 17. Mai 1932 im südböhmischen Liznice geboren, entschloss sich Vlk früh zum Priestertum. Allerdings lösten nach dem Zweiten Weltkrieg die tschechoslowakischen Kommunisten sämtliche Seminare auf. Vom Besuch eines "Staatsseminars" rieten die Bischöfe ab. Vlk arbeitete in einer Fabrik und absolvierte den Militärdienst. Danach gewährte ihm der Staat den Besuch einer Hochschule; so studierte er Archivwissenschaften und wurde schließlich Direktor des Bezirks- und Staatsarchivs in Budweis. 1964 nahm er nach Beratungen mit seinem Bischof das Theologiestudium in Litomerice auf und wurde im Juni 1968 zum Priester geweiht.

Fensterputzer und Seelsorger im Untergrund

Anschließend war Vlk in der Seelsorge tätig. 1978 belegten ihn die Behörden mit einem Berufsverbot. Er schlug sich mit Gelegenheitsarbeiten durch und arbeitete unter anderem als Fensterputzer. Heimlich wirkte er als Seelsorger im Untergrund. Erst 1986 erhielt er wieder die staatliche Erlaubnis, als Priester arbeiten zu dürfen. Nach der "Samtenen Revolution" von 1989 wurde Vlk 1990 Bischof von Budweis. Ein Jahr später ernannte ihn Papst Johannes Paul II. als Nachfolger von Kardinal Frantisek Tomasek zum Hauptstadt-Erzbischof (1991-2010); 1994 verlieh er ihm die Kardinalswürde.

Von 1993 bis 2000 war Vlk Vorsitzender der Tschechischen Bischofskonferenz. Von 1993 bis 2001 hatte er auch den Vorsitz im Rat der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) inne. Mit seinem Tod hat das Kardinalskollegium noch 224 Mitglieder. Davon wären derzeit qua Alter 117 zur Papstwahl berechtigt. (KNA)

18.03.2017, 14.02 Uhr: Ergänzt um Stellungnahme von Papst Franziskus. /jhe

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Oberflächlich betrachtet könnten sich Tschechiens Katholiken freuen. Immerhin hat ihnen der Staat nach langem Streit zwei während des Kommunismus enteignete Gebäude zurückgegeben. Doch die befinden sich in einem erbärmlichen Zustand. (Artikel von Juli 2015)

Stichwort: Kirche in Tschechien

In der Tschechischen Republik bekennt sich nur eine Minderheit der Bevölkerung zu einer Religionsgemeinschaft. Laut Volkszählung 2011 gaben von 10,5 Millionen Tschechen nur noch knapp 22 Prozent eine Religionszugehörigkeit an. Bei der Erhebung von 1991 waren es noch 43,9 Prozent und 2001 noch 32 Prozent. 34 Prozent der Bevölkerung bezeichneten sich beim jüngsten Zensus von 2011 als konfessionslos; 44 Prozent machten keine Angaben. Dramatisch ist der Rückgang auch bei der Angabe der Konfession römisch-katholisch. 1,08 Millionen Tschechen, also 10,4 Prozent der Bevölkerung, schrieben dies auf den Zettel. Damit bleibt die katholische Kirche die mit Abstand größte Religionsgemeinschaft Tschechiens. Allerdings hatten 2001 noch 26,8 Prozent der Bevölkerung "römisch-katholisch" als Konfession angegeben (1991: 39 Prozent). Nach kirchenamtlicher Zählung, die von der Zahl der Getauften ausgeht, sind noch rund 30 Prozent der Tschechen katholisch. In West- und Nordböhmen ist die Entchristlichung am weitesten vorangeschritten; viele Kirchen dort sind verwaist. In Mähren sind dagegen noch Reste einer katholischen Volkskirche erkennbar. (KNA)