US-Häftling fordert überwachte Hinrichtung

Häftling will Tod filmen lassen

Veröffentlicht am 20.05.2014 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Todesstrafe

Washington ‐ Ende April wurde eine Hinrichtung in den USA zu einer grauenvollen Tortur. Trotzdem soll jetzt wieder ein Häftling durch die Giftspritze sterben. Er fordert, dass seine Exekution gefilmt wird - als möglicher Beweis für die Grausamkeit des Staates. Das Justizministerium ist skeptisch, der Staatsanwalt widerspricht den Befürchtungen des Häftlings, sie seien "Quatsch".

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Der Amerikaner Russell Bucklew soll am kommenden Mittwoch hingerichtet werden, eine Minute nach Mitternacht. Noch vor kurzem wäre das kaum eine Schlagzeile wert gewesen: Exekutionen kommen in den USA immer noch häufig genug vor, um wenig Aufmerksamkeit zu erregen. Aber Bucklews Hinrichtung im Gefängnis von Bonne Terre (Bundesstaat Missouri) wäre - wenn sie ein Gericht nicht noch unterbindet - die erste seit dem qualvollen Tod von Clayton Lockett Ende April in Oklahoma. Bucklew selbst hat nach eigenen Angaben nun doppelte Angst vor dem Ende. "Ich bin als nächster dran", sagte der verurteilte Mörder dem britischen "Guardian" und fragt: "Werden sie es bei mir auch vermasseln?"

Wegen eines Venenproblems hatten bei Lockett nicht alle Chemikalien des eingespritzten Giftcocktails die Blutbahn erreicht. Er starb schließlich nach 43 Minuten an einem Herzinfarkt. Augenzeugen sprachen von grausigen Szenen, schilderten, wie sich der Todeskandidat vor lauter Schmerzen gewunden habe - bis dann Gefängnisangestellte rasch den Vorhang an den Fenstern der Hinrichtungskammer zuzogen.

Posthume Klage nach der Hinrichtung?

Sollte sich eine derart schreckliche Panne bei seiner Hinrichtung wiederholen, will Bucklew wenigstens, dass der Staat dafür büßt. Er verlangt, dass seine Hinrichtung per Video aufgezeichnet wird - als mögliches Beweismittel in einer - posthumen - Klage wegen Verletzung seiner Bürgerrechte. So heißt es in einem Antrag, den Bucklews Anwälte am Freitag bei einem Gericht einreichten. "Wenn Missouris Behörden selbstsicher genug sind, um Russell Bucklew hinzurichten, sollten sie auch selbstsicher genug sein, die Exekution zu filmen", erklärte Rechtsvertreterin Cheryl Pilate.

Bild: ©picture alliance/dpa/Claudio Peri

Der Erzbischof von Oklahoma City, Paul S. Coakley.

Zugleich fordern Bucklews Anwälte, dass ihr Mandant konkret erfährt, was ihm der Staat einspritzen will, um ihn zu töten - und woher der Stoff kommt. Auch mehrere Medien - der "Guardian", die Nachrichtenagentur AP und Zeitungen in Missouri - haben entsprechende Anträge gestellt. Die Behörden in dem Staat verweigern aber bisher eine Auskunft und lehnen auch das Filmen ab.

Der Todeskandidat habe kein verfassungsmäßiges Recht darauf, zitierte der Sender CNN das Justizministerium in Missouri. Der Staat argumentiert außerdem, dass Videoaufzeichnungen "uns zu den Tagen zurückführen, als Hinrichtungen öffentliche Spektakel waren".

Hintergrund der Auseinandersetzungen sind Nachschubprobleme der USA bei den zur Tötung eingesetzten Mitteln. Die europäischen Hersteller der Chemikalien weigern sich, sie für Hinrichtungen zur Verfügung zu stellen. Dazu gehört dem "Guardian" zufolge eine dänische Firma, die jenes Barbiturat produziert, das lange Zeit in Missouris Exekutionskammer verwendet wurde.

Staatsanwalt: "Sie werden ihm Gift geben und er wird sterben."

Eine Reihe von US-Staaten greift jetzt auf neue Mischungen aus obskuren Quellen zurück, über die sie sich ausschweigen. Die "Drogerie", in der Missouri einkaufe, könnte eine Schulklasse sein, die im Chemieunterricht etwas zusammenbraut, formulierte es unlängst Kermit Bye, der Berufungsrichter in Missouri ist.

Bucklew hat nach Angaben seiner Anwälte besonderen Grund, eine qualvolle Hinrichtung zu fürchten. Sie machen geltend, dass er seit seiner Geburt an einer Krankheit leidet, die eine Anhäufung missgebildeter Blutgefäße sozusagen in Klumpen in seinem Gehirn verursacht hat und zu heftigen Blutungen führt. Diese Massen könnten die Zirkulation des Hinrichtungsmittels blockieren - mit extrem starken Schmerzen als Folge. Das aber wäre, so die Rechtsvertreter, ein Verstoß gegen den verfassungsrechtlich garantierten Schutz vor "grausamer und ungewöhnlicher Bestrafung".

Der damalige Staatsanwalt im Prozess gegen den Todeshäftling, Morley Swingle, hält diese Argumentation schlicht für "Quatsch". Er sei 30 Jahre lang Anklagevertreter gewesen und Bucklew "die übelste Person", die er jemals strafrechtlich verfolgt habe, zitiert ihn der "Guardian". Buckley hatte 1996 den neuen Lebensgefährten seiner Ex-Freundin erschossen und die 21-Jährige dann entführt und vergewaltigt. Der Häftling sagt, dass er seine Tat bereue. Für Swingle ändert das nichts. "Sie werden ihm Gift geben, und er wird sterben", sagt er. "So einfach ist es."

Von Gabriele Chwallek (dpa)

Weitere Informationen

Immer wieder geraten Hinrichtungen aus den USA in den Fokus der Öffentlichkeit. Der amerikanische Jesuit George Williams arbeitet als Gefängnisseelsorger in San Quentin, Kalifornien. Seit Bereich ist der Todestrakt, der größte in den gesamten USA. In einem Gastbeitrag gibt er einen Einblick in seine Arbeit und erzählt, wie er den Menschen begegnet, die zum Tode verurteilt sind.