Gericht in Jakarta in Indonesien fällt Urteil wegen Blasphemie

Christlicher Gouverneur bekommt zwei Jahre Haft

Veröffentlicht am 09.05.2017 um 09:50 Uhr – Lesedauer: 
Indonesien

Jakarta ‐ Der scheidende Gouverneur der indonesischen Hauptstadt Jakarta wurde der Blasphemie beschuldigt. Doch eine so strenge Strafe hatte noch nicht einmal die Staatsanwaltschaft gefordert.

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Der scheidende christliche Gouverneur von Jakarta, Basuki Tjahaja "Ahok" Purnama, ist wegen Blasphemie zu zwei Jahren Haft verurteilt worden. Mit dem Urteil ging das Gericht am Dienstag (Ortszeit) über das von der Staatsanwaltschaft geforderte Strafmaß einer Bewährungsstrafe hinaus.

Berufung angekündigt

Ahok habe mit Absicht die ihm zur Last gelegten gotteslästerlichen Äußerungen getätigt, hieß es laut Berichten indonesischer Medien in der Urteilsbegründung. Das Gericht ordnete die sofortige Verhaftung des 50-Jährigen noch amtierenden Gouverneurs an. Dessen Anwälte kündigten Berufung an.

Vor dem Gerichtssaal hatten laut Medienberichten Tausende Anhänger und Gegner Ahoks das Urteil mit Spannung erwartet. Die Anhänger Ahoks reagierten mit Entsetzen auf den Schuldspruch und das hohe Strafmaß. Seine Gegner aus radikalen islamistischen Gruppen begrüßten das Urteil dagegen mit Jubel.

Bild: ©bilalulker/Fotolia.com

Indonesien war lange Jahre ein Land mit einem ausgeprägt moderaten Islam.

Der Blasphemieprozess war nach Ansicht von politischen Beobachtern in Indonesien der wesentliche Faktor für die Niederlage Ahoks bei der Gouverneurswahl Mitte April. Mit 42 Prozent der Stimmen musste sich der Christ Ahok seinem muslimischen Herausforderer Anies Baswedan geschlagen geben, für den 58 Prozent der Wähler stimmten. Indonesische und internationale Menschenrechtsorganisation verurteilten den Blasphemieprozess als "Politjustiz".

Ahok hatte bei einer Wahlkampfveranstaltung im vergangenen Herbst Rizieq Shihab, Chef der salafistischen Islamischen Verteidigungsfront (FPI), dafür kritisiert, Muslime mit einem Koranvers an der Wahl eines Christen hindern zu wollen. Er bezog sich damit auf eine Sure, in der er es heißt: "Ihr, die ihr glaubt: Nehmt nicht die Juden und die Christen zu Freunden!" Manchmal wird das letzte Wort auch als "Führer" oder "Schutzherren" übersetzt.

Daraufhin gingen aus Protest bis zu eine halbe Million Menschen gegen ihn auf die Straße. Shihab erstattete Anzeige gegen Ahok wegen Blasphemie. Gegen Shihab läuft inzwischen allerdings nach einer Anzeige durch Angelo Wako, Präsident des katholischen Studentenverbands Indonesien, ebenfalls ein polizeiliches Ermittlungsverfahren wegen Blasphemie.

Indonesien war lange Jahre ein Land mit einem ausgeprägt moderaten Islam. Beobachter bewerten die aktuelle Entwicklung als Zeichen für eine Radikalisierung. Mit mehr als 200 Millionen Muslimen ist Indonesien das bevölkerungsreichste muslimische Land der Welt. Christen gehören mit etwa 20 Millionen zu den Minderheiten. (gho/KNA/dpa)

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