Woelki: Mehr Schutz für Arbeiter aus Osteuropa
Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki fordert mehr Schutz für osteuropäische Arbeitskräfte. In Deutschland, Italien, Österreich und der Schweiz würden sie oft zu Unrecht als Wirtschaftsflüchtlinge beschimpft, sagte er am Sonntag bei einem Gottesdienst im Kölner Dom. Sie hätten ihre Heimat nicht leichtfertig verlassen, sondern aus Verzweiflung, weil für sie dort keine Zukunft in Sicht sei.
Der Erzbischof kritisierte, dass die Armuts- und Arbeitsmigranten aus dem Südosten Europas nicht selten in ungerechten Arbeitsverhältnissen auf Großmärkten, Großbaustellen und in Schlachthöfen anzutreffen seien. "Sie müssen vor Ausbeutung durch Arbeitgeber und Vermieter, aber auch vor Gewalt geschützt werden", forderte Woelki bei der Eröffnung der Pfingstaktion des katholischen Osteuropa-Hilfswerks Renovabis.
Nach den Worten des Erzbischofs sind die auseinanderklaffenden Lebensverhältnisse in Ost- und Westeuropa der entscheidende Grund für den Weggang so vieler Migranten. Sie kehrten als "Verlierer des Systemwechsels" ihrer früheren kommunistischen Heimat den Rücken und ließen die alten Eltern und ihre Kinder zurück.
Statt die eigene betagte Mutter zu pflegen, kümmerten sich Frauen um die Schwiegermütter hierzulande, damit diese in heimischer Umgebung bleiben können. Erntehelfer gingen einer Arbeit nach, "die vielen von uns zu anstrengend und zu schlecht bezahlt ist". Und Männer würden in großen fleischverarbeitenden Betrieben "in ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen" dafür eingesetzt, "dass wir möglichst billig Fleisch kaufen und essen können", kritisierte Woelki.
Die 25. Renovabis-Pfingstaktion in diesem Jahr steht unter dem Motto "Bleiben oder gehen? - Menschen im Osten Europas brauchen Perspektiven". Im Mittelpunkt steht die seit vielen Jahren andauernde Arbeits- und Armutsmigration von Ost- nach Westeuropa. Der Abschluss der Aktion ist am 4. Juni in Görlitz mit dem dortigen Bischof Wolfgang Ipolt vorgesehen. An diesem Tag kommt die Kollekte in allen katholischen Kirchen Deutschlands dem Osteuropahilfswerk zugute.
Renovabis ist die Solidaritätsaktion der deutschen Katholiken mit den Menschen in Mittel- und Osteuropa. Das Hilfswerk mit Sitz in Freising unterstützt Projekte zur Erneuerung des kirchlichen und gesellschaftlichen Lebens in den ehemals kommunistischen Ländern. 2016 bewilligte Renovabis rund 29,3 Millionen Euro und unterstützte damit 770 Projekte in den Partnerländern. Seit 1993 investierte das Hilfswerk knapp 697 Millionen Euro. (KNA)