Beten wie die Weltmeister
Nur eines werden wir während der Spiele der Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien wohl nicht zu sehen bekommen: Unter den Trikots hervorgezogene T-Shirts mit Botschaften wie "Jesus liebt dich" oder "Allah ist groß". Die hatte die FIFA bereits vor fünf Jahren verboten.
Keine religiösen Botschaften auf Trickots
Und erst im März dieses Jahres hat der Weltverband die Regel noch bekräftigt und angekündigt, dass Verstöße ab Juni konsequent bestraft würden. Neben Slogans und Werbung sind politische, religiöse oder persönliche Botschaften nicht mehr erlaubt.
Das Verbot sorgt immer wieder für Diskussionen; jüngst lehnten zwei Bundesliga-Trainer es ab. "Das ist ein Eingriff in die Privatsphäre eines Menschen, da kann ich nur den Kopf schütteln", sagte der Trainer des VfL Wolfsburg, Dieter Hecking, der evangelischen Talkshow "Tacheles". Der Präsident von Hannover 96, Martin Kind, forderte Respekt davor, "dass Spieler bei bestimmten Themen eine bestimmte Meinung haben". Es sei ein "tolles Signal, dass sie einen Glauben haben und daraus Stärke ziehen", sagte er in derselben Sendung.
Doch haben Fußball und Religion wirklich etwas gemeinsam oder sollte man eine striktere Trennlinie ziehen? Natürlich gibt es sowohl im Sport als auch im Glauben begeisterte Anhänger, Fans und Glaubensgenossen, auf beiden Seiten ritualisierte Treffen, beim Spiel oder in der Kirche.
Was macht Gott, wenn Fans beider Seiten für den Sieg beten?
Aber ist der unbedingte Glaube an den Sieg der eigenen Mannschaft nicht etwas fundamental anderes als der Glaube an Gott? Kritiker merken immer wieder an, dass es egoistisch sei, für den eigenen Sieg zu beten – oder sie weisen auf das Problem hin, wie Gott sich verhalten solle, wenn Fans und Spieler beider Mannschaften beteten.
Wolfsburg-Trainer Hecking hatte solche Fragen seinen Spielern aus Südamerika in der Kabine gestellt. Keiner bete da um Tore oder den Sieg, sagte er. "Es ging darum, Kraft zu bekommen, der Mannschaft zu helfen und darum, dass keiner verletzt wird." Auch der evangelische Kirchenpräsident Volker Jung hielte ein Gebet für den Sieg für falsch: "Der Glaube ist nichts, um das Unverfügbare verfügbar zu machen." Die Kirchen sollten "dagegenhalten", wenn der Fußball zur Ersatzreligion gemacht werde, sagte 96-Präsident Kind.
Glaubenssymbole auf nackter Haut
Auch wenn nun religiöse Botschaften auf den Unterhemden nicht gezeigt werden dürfen: So ganz kann die FIFA die Glaubenssymbole nicht loswerden, denn viele Spieler tragen sie auf der nackten Haut. Beckham, Naldo, Bobadilla, Pekovic – so mancher aktiver oder ehemaliger Spieler hat Kreuze, Engel oder Mariendarstellungen als Tattoo am Körper.
Im deutschen Team ist es Jerome Boateng, der die Hände der Jungfrau Maria und ein Kreuz tätowiert hat. Und auch Stürmerstar Miroslav Klose muss nicht darauf verzichten, sich beim Spiel zu bekreuzigen. Als Motivationsquelle können die Profis ihren Glauben laut FIFA weiterhin nutzen; Gebete, Blicke zum Himmel und Kreuzeszeichen bleiben erlaubt.
Von Agathe Lukassek