Neue Missbrauchsvorwürfe an Jesuitenschule
Am Bonner Aloisiuskolleg gibt es neue Missbrauchsvorwürfe. Der Direktor der Jesuitenschule, Manfred Sieburg, bestätigte am Freitagabend gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) einen Bericht, den der Eckige Tisch Bonn am selben Tag auf seiner Homepage veröffentlichte.
Demnach meldete sich bei dem Verein der Missbrauchs-Betroffenen ein Altschüler, der angab, zwischen 1980 und 1983 mehrfach Opfer schweren sexuellen Missbrauchs geworden zu sein. Als Täter nannte er drei Jesuitenpatres, darunter den ehemaligen und bereits verstorbenen Schul- und Internatsleiter, der laut bisherigen Erkenntnissen bereits für eine Vielzahl weiterer Übergriffe verantwortlich gewesen sein soll. Einer der Beschuldigten lebt noch.
Sollten die nun erhobenen Vorwürfe zutreffen, bedeute das eine neue Dimension des Vergehens, so Sieburg. Das Aloisiuskolleg sei tief erschüttert und begrüße zugleich ausdrücklich, dass sich Betroffene auch über den Eckigen Tisch meldeten. Die Schule stehe jedem, "dem an unserem Kolleg Unrecht geschehen sein sollte, als Gesprächspartner zur Verfügung, ganz gleich, wie lange das Ereignis zurückliegen mag".
Neue Untersuchungen der Vorfälle gefordert
Der Eckige Tisch forderte eine neue Untersuchung dieser und anderer Vorfälle. Man könne angesichts der neuen Vorwürfe nicht länger von Einzeltätern ausgehen, die "Machtinseln" ausgenutzt hätten. Vielmehr scheine es Absprachen der Täter beim Kindesmissbrauch gegeben zu haben. Der bisherige Rektor des Aloisiuskollegs und neue Leiter der deutschen Jesuitenprovinz, Johannes Siebner, sagte, man habe den Unabhängigen Missbrauchsbeauftragten des Jesuitenordens, Marek Spitczok von Brisinski, mit der Untersuchung der Vorwürfe betraut. Bis dahin wolle er sich nicht öffentlich äußern.
Das Aloisiuskolleg ist eine von bundesweit drei Jesuitenschulen. Die 2010 am Berliner Canisius-Kolleg vom damaligen Rektor, Pater Klaus Mertes, öffentlich gemachten Fälle von Missbrauch machten den Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche in Deutschland bekannt. Die bisher bekannten Vorfälle am Aloisiuskolleg fasste 2011 die Kölner Sozialrechtlerin Julia Zinsmeister zusammen. Demnach gab es am AKO und der angeschlossenen Freizeiteinrichtung "AKO-Pro-Seminar" seit den 1950er Jahren mindestens 60 Betroffene und 23 Beschuldigte, darunter 18 Jesuiten. Die Schule selbst baute in den vergangenen Jahren ein umfangreiches Präventionssystem auf. (KNA)