Missbrauchsverfahren: Pell plädiert auf unschuldig
Mit einem großen Medienaufgebot aus der ganzen Welt hat am Mittwoch in Melbourne das Missbrauchsverfahren gegen Kardinal George Pell begonnen. In der nur fünf Minuten dauernden ersten Sitzung des Gerichts lies der persönlich zum Prozessbeginn erschienene 76-jährige Kardinal durch seinen Anwalt eine Erklärung verlesen, in der er seine Unschuld beteuerte. "Kardinal Pell wird zu allen Anklagepunkten auf nicht schuldig plädieren", sagte Rechtsanwalt Robert Richter laut australischen Medienberichten. Pell selbst äußerte sich nicht. Einzelheiten der Anklage sind noch nicht öffentlich bekannt. Das Verfahren soll am 6. Oktober fortgesetzt werden.
Pell ist der hochrangigste Kirchenvertreter, der sich vor einem Gericht wegen Missbrauchsvorwürfen verantworten muss. Papst Franziskus stellte Kardinal Pell für die Prozessdauer von seinen Aufgaben als Finanzminister des Vatikan frei. In der Hierarchie des Heiligen Stuhls galt Pell bisher als die Nummer Drei nach dem Papst.
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Ende Juni hatte die Polizei von Melbourne bekanntgegeben, ein Ermittlungsverfahren gegen Pell wegen des sexuellen Missbrauchs von Jungen einzuleiten. Dabei gehe es um länger zurückliegende Missbrauchsvorwürfe. Es soll mehrere Kläger geben. Der Kardinal war bereits im Oktober 2016 in Rom von australischen Polizisten zu den Missbrauchsvorwürfen verhört worden. Zwei über 40 Jahre alte Männer beschuldigen ihn, sie in den 1970er Jahren in einem Schwimmbad in Ballarat sexuell belästigt zu haben.
Missbrauchs- und Vertuschungsvorwürfe
2002 war Pell von einer Untersuchungskommission der Erzdiözese Melbourne aus Mangel an Beweisen von einem Missbrauchsvorwurf freigesprochen worden. Ein Mann hatte Pell beschuldigt, ihn als Zwölfjährigen in einem Jugendlager sexuell missbraucht zu haben. Kardinal Pell sieht sich auch mit Vertuschungsvorwürfen konfrontiert. Er soll als Priester in Ballarat (1976-80) und später als Erzbischof von Melbourne (1996-2001) an der Verheimlichung von Missbrauchsfällen beteiligt gewesen sein. Vor der staatlichen Missbrauchskommission hatte er das stets energisch zurückgewiesen. Als Erzbischof von Melbourne hatte Pell aber auch erste Standards für den Umgang mit Missbrauchsfällen gesetzt. Die Vorwürfe sind besonders heikel, weil Pell eingeräumt hatte, dass Australiens katholische Kirche den Missbrauch von Kindern lange Jahre heruntergespielt habe.
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Das Medienaufgebot zu der ersten Anhörung Pells vor dem Magistrates Court in Melbourne war enorm. Der blass wirkende Kardinal konnte sich nur mühsam unter dem Schutz von Polizisten seinen Weg durch eine Menge von Kameraleuten und Reportern in den kleinen Gerichtssaal bahnen. Pell schwieg zu den Fragen, die ihm von den Reportern zugerufen wurden, wie auch zu den Beschimpfung durch einige Schaulustige.
Erschienen zu dem Prozessauftakt waren aber auch Unterstützer des ehemaligen Erzbischofs von Sydney. "Vielen Dank für die Hilfe für meine Familie" hatte laut australischen Medienberichten eine Frau auf ein Transparent geschrieben. Pell war bereits vor zwei Wochen von Rom nach Melbourne geflogen, um, wie er sagte, persönlich seinen "guten Namen" vor Gericht reinzuwaschen. (KNA)