Mönch: "Umgang mit der Erde tut Gott weh"
Der 2. August ist kein guter Tag für die Erde. Dann ist Welterschöpfungstag - das Datum, an dem der Mensch bereits alle natürlichen Ressourcen aufgebraucht hat, die von der Erde in einem Jahr produziert werden. Jährlich rückt der Tag weiter nach vorn. "Furchtbar" findet das Frater Andreas Schmidt. Der 48-Jährige ist Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Ökologie auf Kirchengrund und Cellerar, also Wirtschaftsverwalter, des "grünen" Klosters Plankstetten.
Frage: Frater Andreas, wie sind Sie zum Umweltschützer geworden?
Schmidt: Durch einen Berufsschullehrer. Der hat damals so eindrucksvoll von seinem Engagement für den Landesbund für Vogelschutz gesprochen, dass ich dem Verein mit 16 beigetreten bin. Ich habe seinerzeit ja selbst erlebt, wozu Naturzerstörung führen kann.
Frage: Inwieweit?
Schmidt: In meiner Jugend wurde in unserer Gegend der Main-Donau-Kanal ausgebaut. Dadurch sind Feuchtwiesen verschwunden und mit ihnen der Eisvogel, den es hier einst gab. Solche Verluste an Vielfalt stimmen mich traurig, zumal als Christ. Denn in der Bibel heißt es über die Natur, sie sei "eine Schöpfung Gottes, dem Menschen anvertraut, sie zu bebauen und zu behüten". Von zerstören steht da nichts.
Frage: Müsste die Kirche diese Botschaft lauter verkünden?
Schmidt: Das wäre wünschenswert. Kirche müsste beim Umweltschutz Vorreiter sein. Da hat sie doch nichts zu verlieren, da kann sie nur an Authentizität gewinnen. Ich verstehe nicht, warum unsere Kirchenoberen da nicht mehr Druck machen, auch politisch. Schließlich haben wir 2015 mit der Enzyklika "Laudato si" vom Papst schriftlich bekommen, dass die Schöpfung in Not ist - ich weiß nicht, worauf wir noch warten. Damit vergeben wir auch die Chance, Anschluss an eine "grüne" Klientel zu finden, die mit Kirche sonst nicht viel am Hut hat. Mir scheint, die Enzyklika wurde außerhalb der Kirche mehr wahrgenommen als innerhalb.
Frage: Woran machen Sie das fest?
Schmidt: Na ja, ich frage mich schon, wo in der Heiligen Schrift steht, dass kirchliche Würdenträger große und teure Autos fahren sollen. Außerdem finde ich es frustrierend, wie wenig Strahlkraft von unserer 1994 erfolgten Umstellung auf eine ökologische Landwirtschaft ausgeht, gerade in Bezug auf kirchliche Einrichtungen. Hier müssen wir uns in Plankstetten selbstkritisch fragen, warum unser Vorbild im achtsamen Umgang mit der Schöpfung - zum Beispiel im Verzicht auf Gift oder im Einsatz erneuerbarer Energien -, nicht deutlich mehr Nachahmer findet.
Frage: Das bedeutet?
Schmidt: Meistenorts läuft's einfach weiter wie immer. Aber dadurch bringen wir die Erde und damit uns selbst in existenzielle Bedrängnis. Bis heute etwa verpachtet die Kirche ihr Land ja auch an konventionelle Landwirte und trägt dadurch zur Überdüngung und Ausbeutung der Böden bei, insbesondere haben Schmetterlinge und Ackerblumen wegen ausgedehnter Mais-Monokulturen keine Chance mehr. Dieser Umgang mit der Erde tut Gott meines Erachtens weh.
Frage: Inwiefern sollte sich das jeder Einzelne zu Herzen nehmen?
Schmidt: Jeder kann einen Beitrag dazu leisten, dass die Ressourcen der Welt nicht schon im Sommer eines Jahres erschöpft sind, sondern bis zum Jahresende reichen. Da hilft es schon, nicht jeden Tag Fleisch zu essen. Nicht an der Qualität von Lebensmitteln zu sparen.
Und statt nur eines millimeterkurzen englischen Rasens auch ein paar Wildkräuter im Garten wachsen zu lassen. Jeder kann die Schöpfung schützen. Das sieht man doch daran, dass heute jeder Laden Bio-Produkte führt. Nicht etwa, weil die Discounter und Supermärkte etwas begriffen hätten - sondern, weil die Nachfrage danach gestiegen ist.
Frage: Muss man sich diese Nachfrage aber nicht erst mal leisten können?
Schmidt: Klar sind Bio-Produkte teurer. Aber wenn ich sehe, dass Motoröl oft mehr kostet als Speiseöl, dann weiß ich doch, dass es andere Bereiche als die Nahrung gibt, an denen Sparen sinnvoller ist.
Und sinnvoller ist es sicher auch, jetzt freiwillig auf etwas Konsum zu verzichten als irgendwann gar nichts mehr konsumieren zu können, weil die Erde nichts mehr hergibt. Sollte es einmal so weit kommen, wird's uns Menschen gehen wie dem Eisvogel in Plankstetten: Wir werden verschwinden.