Erzbischof und Brückenbauer Alfons Nossol wird 85

"Mein Ruhestand ist ziemlich unruhig"

Veröffentlicht am 08.08.2017 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Polen

Oppeln ‐ Er ist ein Mann der deutsch-polnischen Aussöhnung, engagiert in der Ökumene und sorgt sich um Europas Zukunft. Auch mit 85 Jahren denkt Erzbischof Alfons Nossol nicht daran, kürzer zu treten.

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Ganz geruhsam könnte Erzbischof Alfons Nossol seinen 85. Geburtstag an diesem Dienstag feiern. Schließlich ist der ehemalige Oberhirte von Opole (Oppeln) nunmehr seit acht Jahren in Pension. Doch wer glaubt, dass er bei gutem Essen und Wein gemütlich seinen Lebensabend verbringe, liegt falsch. "Ich muss mich offen dazu bekennen: Mein Ruhestand ist ziemlich unruhig", sagt er und schmunzelt. "Aber das ist auch gut, wenn man auf Trab gehalten wird." Sich zurückzulehnen und den Dingen ihren Lauf zu lassen – das ist nicht Sache des engagierten Erzbischofs, der zu den Protagonisten der deutsch-polnischen Aussöhnung gehört.

Über Jahrzehnte wirkte der gebürtige Oberschlesier als Brückenbauer zwischen Polen und Deutschland sowie als Mittler zwischen den Konfessionen. Nicht erst mit seiner Bischofsernennung im schlesischen Oppeln 1977 trat Nossol vehement für Versöhnung ein. 1980 ermöglichte er dem damaligen Augsburger Bischof Josef Stimpfle die erste deutsche Predigt seit dem Zweiten Weltkrieg auf dem oberschlesischen Annaberg. Im Juni 1989 zelebrierte er dort – trotz polnischer Vorbehalte – selbst einen deutschsprachigen Gottesdienst und führte deutschsprachige Feiern in der Diözese ein.

Versöhnungsgottesdienst mit Helmut Kohl

Im November 1989 nahmen auf Initiative Nossols der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) und Polens Ministerpräsident Tadeusz Mazowiecki an einem von Nossol gefeierten Versöhnungsgottesdienst in Kreisau teil. Dort hatte sich der zivile Widerstand gegen Hitler um den Grafen Helmuth James Graf Moltke mehrfach getroffen.

Nossol, am 8. August 1932 in Brodschütz (heute Brozec) geboren und 1957 zum Priester geweiht, war in der Polnischen Bischofskonferenz Vorsitzender der Ökumenekommission. Im Vatikan gehört er dem für Ökumene-Fragen zuständigen Einheitsrat an. 1999 verlieh ihm Papst Johannes Paul II. (1978-2005) für seine Verdienste den persönlichen Titel eines Erzbischofs.

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"Wir gewähren Vergebung und bitten um Verzeihung", schrieben die polnischen Bischöfe an ihre deutschen Amtsbrüder vor 50 Jahren. Der Briefwechsel ging in die Kirchengeschichte ein als eine Sternstunde der Brüderlichkeit und Versöhnung.

Für sein Wirken erhielt Nossol zahlreiche Auszeichnungen, darunter 1997 den Augsburger Friedenspreis, 2005 den Deutsch-Polnischen Preis, 2010 den Klaus-Hemmerle-Preis und 2013 den "Goldene Brücke"-Preis für deutsch-polnische Zusammenarbeit sowie die zweithöchste polnische Auszeichnung, den "Orden der Wiedergeburt Polens". 2009 ehrte Bundespräsident Horst Köhler Nossol für seine Verdienste um die Aussöhnung zwischen Deutschland und Polen mit dem Großen Verdienstkreuz mit Stern. Neben der deutsch-polnischen Aussöhnung habe sich Nossol auch um den Dialog zwischen den Konfessionen und die Zukunft Europas verdient gemacht, so Köhler.

Nicht nur auf kirchlicher Ebene, auch bei den Menschen seiner Diözese und in ganz Polen erfreut sich Nossol als Freund klarer Worte großer Beliebtheit. So beklagte er 2013 in einem Interview die Verflechtung von Kirche und Staat in Polen. "Ich hasse es, ganz radikal gesagt, Politik mit Theologie, mit Kirchlichkeit zu verbinden."

Dienstältester Diözesanbischof Polens

Im Sommer 2009 trat Nossol mit 77 Jahren in den Unruhestand. Mit 32 Amtsjahren war er zu diesem Zeitpunkt der dienstälteste Diözesanbischof Polens. Bereits mit Erreichen der Altersgrenze von 75 Jahren hatte er dem Papst gemäß dem Kirchenrecht seinen Amtsverzicht angeboten; doch Benedikt XVI. bat ihn, noch zwei weitere Jahre zu bleiben. Das tat er – wenn auch, wie er selbst sagt, "nicht allzu freudvoll". Zu viele andere Pläne hatte er in der Hinterhand; "etliche Bücher" wollte er noch schreiben.

Und noch ein Hobby pflegt der Oppelner Altbischof: das Kneippen. Im nahe gelegenen Wallfahrtsort Groß Stein entstand 2005 auf seine Initiative hin das Kneipp-Sanatorium "Sebastianeum Silesiacum" – das "schlesische Sebastianeum". Anregungen und Tipps für den Bau holte sich Nossol im 1891 von Pfarrer Sebastian Kneipp gegründeten Sebastianeum in Bad Wörishofen im Allgäu, wo er mehrfach die Urlaubsvertretung des Hauskaplans übernahm. Von der Kneippschen Idee der ganzheitlichen Gesundheitsfürsorge, die Körper, Geist und Seele in Einklang bringt, ist Nossol überzeugt: "Ich muss nicht daran glauben – ich hab' es selbst an meinen eigenen Knochen erfahren."

Von Inga Kilian (KNA)