Drei Organisationen kündigten einen einstweiligen Einsatz-Stopp an

Flüchtlingsdienst: Notrettung nicht kriminalisieren

Veröffentlicht am 13.08.2017 um 17:44 Uhr – Lesedauer: 
Hilfsorganisationen

Rom ‐ Libyen hat die Sicherheitszone vor seiner Küste ausgeweitet. Einige Hilfsorganisationen fahren deshalb auf dem Mittelmeer keine Einsätze mehr. Sie fürchten nun, dass das mehr Menschenleben gefährdet.

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Der Jesuitenflüchtlingsdienst hat vor einer Kriminalisierung der Notrettung von Migranten und Flüchtlingen auf dem Mittelmeer gewarnt. "Das ist sehr gefährlich, nicht nur für die Retter, sondern auch für die demokratische und friedliche Stabilität eines Landes", sagte die Sprecherin des Centro Astalli, Donatella Parisi, am Wochenende der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Rom. Das Recht auf Leben und Notrettung müsse für alle Menschen gleichermaßen gelten. Unterdessen haben inzwischen drei Organisationen einen einstweiligen Stopp ihrer Einsätze auf dem Mittelmeer angekündigt.

Parisi mahnte an, allen Hilfsorganisationen die Rettung zu ermöglichen und eine "Spaltung der Nichtregierungsorganisationen in gute und schlechte" zu vermeiden, die das Handeln der Helfer in Zweifel zöge. Zugleich betonte sie, geltendes Recht müsse von allen eingehalten werden. Parisi warb für eine Neuauflage der italienischen Seenotrettung "Mare Nostrum" von 2013; dies würde aus ihrer Sicht viele der aktuellen Probleme lösen. Ärzte ohne Grenzen, die private deutsche Hilfsorganisation Sea Eye e.V. und die Organisation Save the Children verzichten seit dem Wochenende vorerst auf Einsätze auf dem Mittelmeer. Zuvor hatte Libyen erklärt, die Such- und Rettungszone für Flüchtlinge rund um die Küste des Landes für ausländische Schiffe zu sperren.

Sea-Eye-Gründer Michael Buschheuer sagte am Sonntag, die libysche Küstenwache habe unmissverständlich klar gemacht, dass seine Organisation unerwünscht sei. Er sprach von einer "sehr unguten Situation, weil wir in der Vergangenheit schon feststellen mussten, dass sie nicht zögern, sondern gleich schießen". Daher habe man derzeit alle Aktivitäten eingestellt. Buschheuer rief Italiens Regierung und die EU-Einsatzkräfte der Mission Sophia auf, "endlich alles zu unternehmen, um das sinnlose Sterben der Flüchtenden zu beenden".

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Save the Children teilte mit, mit ihrem Schiff "Vos Hestia" vorerst auf Malta zu bleiben, bis klar sei, ob die Sicherheitslage eine Wiederaufnahme der Such- und Rettungseinsätze ermögliche. Berichten zufolge habe Libyen die Sicherheitszone vor seiner Küste von 12 auf 70 Seemeilen ausgeweitet. Die spanische Organisation Proactiva Open Arms, auf deren Schiff laut eigenen Angaben vor einigen Tagen vor der libyschen Küste Schüsse abgegeben wurden, hatte hingegen angekündigt, weiter im Mittelmeer aktiv zu bleiben. Das Team sei sich der Gefahr bewusst, habe aber keine offizielle Sicherheitswarnung der Seenotrettungsleitstelle in Rom erhalten, sagte der Chef der Organisation, Riccardo Gatti, der Zeitung "La Repubblica". Man werde sich möglicherweise aber der libyschen Küste weniger annähern. Auch die Organisation SOS Mediterranee, die mit Ärzte ohne Grenzen auf dem Schiff "Aquarius" zusammenarbeitet, teilte am Sonntag mit, die Einsätze vorerst fortzusetzen.

Entwicklung ist lebensgefährlich

Alle Organisationen kritisieren, dass die aktuelle Entwicklung das Leben vieler Menschen gefährde, und zwar nicht nur beim Versuch, das Mittelmeer in unsicheren Booten zu befahren, sondern auch wenn sie zurück nach Libyen müssten. "Das Land gilt nicht als sicherer Ort, an dem Menschenrechte geachtet werden", betonte Save-the-Children-Einsatzleiter Rob MacGillivray.

Den von Italien eingeführten Verhaltenskodex für private Seenotretter hat inzwischen eine Mehrheit unterzeichnet. Ärzte ohne Grenzen, Sea Watch und die deutsche Nichtregierungsorganisation Jugend Rettet, gegen die wegen möglicher Beihilfe zu illegaler Einwanderung ermittelt wird, lehnen die Selbstverpflichtung weiter ab. (KNA)

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Mussie Zerai kam einst selbst als Flüchtling aus Eritrea nach Italien. Heute ist er Priester und hilft Menschen, die sein Schicksal teilen. Nun ist er dadurch ins Visier der Justiz geraten. (Artikel von August 2017)