Glaubenskongregation erarbeitet neues Kommunikationskonzept

Vatikan will Missbrauchsopfern antworten

Veröffentlicht am 21.09.2017 um 14:10 Uhr – Lesedauer: 
Vatikan

Rom ‐ Opfer von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche, die sich an den Vatikan wandten, bekamen bislang keine Anwort. Das soll sich nun ändern, kündigt Kinderschutzexperte Hans Zollner an.

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Opfer von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche sollen künftig vom Vatikan eine Antwort auf ihre Anfragen erhalten. Die Glaubenskongregation habe begonnen, "ein Modell zu entwickeln, wie man auf die Anfragen von Missbrauchsopfern in zig Sprachen an verschiedene Stellen im Vatikan per Brief und E-Mail reagieren kann", sagte der Kinderschutzexperte Hans Zollner am Donnerstag in Rom im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Eine schlichte "Eingangsbestätigung" reiche nicht aus, so das Mitglied der päpstlichen Kinderschutzkommission. Der deutsche Jesuit und Psychologe Zollner leitet das Kinderschutzzentrum an der Päpstlichen Universität Gregoriana.

Damit greift der Vatikan offenbar eine Forderung der päpstlichen Kinderschutzkommission auf. Das Missbrauchsopfer Marie Collins war im März nach eigenen Angaben unter anderem deshalb aus dem Gremium ausgetreten, weil die Glaubenskongregation es abgelehnt habe, auf Anfragen von Missbrauchsopfern zu antworten. Der damalige Präfekt der Behörde, Kardinal Gerhard Ludwig Müller, hatte den Vorwurf zurückgewiesen. Die Glaubenskongregation müsse als unparteiische Instanz Gerichtsverfahren zu Missbrauchsfällen führen und könne daher Schreiben von Missbrauchsopfern nicht beantworten, so Müller. Nach Collins Ausscheiden gehören der vom Papst 2014 eingesetzten Kinderschutzkommission keine Missbrauchsopfer mehr an.

"In vielen Ländern wir sexueller Missbrauch nicht mit aller Kraft bekämpft"

Aus Zollners Sicht wird sexueller Missbrauch in vielen Ländern in Kirche und Gesellschaft weiterhin noch zu selten thematisiert. Ohne die Arbeit der päpstlichen Kinderschutzkommission gäbe es an etlichen Stellen "überhaupt kein Bewusstsein für dieses Thema, so der aus Regensburg stammende Jesuit. "In vielen Ländern wird sexueller Missbrauch von Kindern, Jugendlichen, Frauen und Behinderten nicht mit aller Kraft bekämpft", so der Psychologie-Professor an der Universität Gregoriana. Sexualität sei vielerorts ein Tabu in der Öffentlichkeit.

Pater Hans Zollner ist Vizerektor der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom und dort Direktor des Instituts für Psychologie.
Bild: ©KNA

Pater Hans Zollner ist Vizerektor der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom und dort Direktor des Instituts für Psychologie.

Oft fehle im Kampf gegen Missbrauch nicht der Wille, sondern es fehlten geeignete Mittel und Personen, so Zollner weiter. Es gebe häufig keine Präventionsexperten, sowohl in der Kirche als auch in der Gesellschaft, so der Ordenspriester. Stellenweise stehe die katholische Kirche an vorderster Front bei der Aufklärung, vor allem über die Arbeit an katholischen Schulen und anderen Lehreinrichtungen. Er habe etwa erst kürzlich aus Neuseeland gehört, dass Politiker bei der Kirche nachfragten, weil sie Rat für die Präventionsarbeit in staatlichen Schulen suchten.

Vertretung von Missbrauchsopfern in Kinderschutzkommission noch ungewiss

Zur Zukunft der päpstlichen Kinderschutzkommission, deren Arbeitsauftrag nach drei Jahren endet, äußerte sich der Jesuit zuversichtlich. Das Gremium, das diese Woche zum vorläufig letzten Mal im Vatikan tagt, habe "konkrete Ergebnisse erbracht, die wichtig sind für kirchliche Entscheidungsträger weltweit", so Zollners Bilanz. Er gehe davon aus, dass die Arbeit der Kommission fortgesetzt werde. Ob auch künftig wieder Missbrauchsopfer unter den Mitgliedern seien, werde gerade beraten. Rechtliche Kompetenzen braucht die Kommission aus Zollners Sicht nicht - "die Organe dafür sind bereits da". (tja/KNA)