Bartholomaios I. über sein Verhältnis zum Papst

Patriarch: Pontifikat von Franziskus ist radikal

Veröffentlicht am 20.10.2017 um 15:55 Uhr – Lesedauer: 
Bild: © dpa
Papst

Rom ‐ Das Verhältnis zwischen Papst Franziskus und dem griechisch-orthodoxen Patriarchen Bartholomaios I. gilt als freundschaftlich. Nun hat der Patriarch sich dazu geäußert – und zur Amtsführung des Papstes.

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Der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. bezeichnet das Pontifikat von Papst Franziskus als "radikal". In einem italienischen Interviewband mit prominenten Personen, die Franziskus getroffen haben, wurde er explizit gefragt, ob er die Amtszeit als "revolutionär" betrachte. "Die säkulare Welt mag einer 'Revolution' sprechen, aber wir bevorzugen den Begriff 'radikal'," sagte das Ehrenoberhaupt der orthodoxen Christenheit in dem auf dem Internetportal "Vatican Insider" publizierten Interview. Etymologisch verweise das Wort auf eine Rückkehr zu den Wurzeln oder zur Essenz des Evangeliums.

Es gebe nichts Radikaleres als einen Gott, der die Welt aus Liebe schaffe, Fleisch geworden sei und sich mit den Schwächsten identifiziere, so der griechisch-orthodoxe Patriarch von Konstantinopel. "Es gibt nichts Radikaleres als einen Gott, der die Menschen danach urteilt, ob sie Durstigen Wasser und Hungrigen zu Essen geben." Jeder Christ und vielmehr jeder Geistliche sei aufgefordert, nach diesen "radikalen Wahrheiten" zu handeln. Papst Franziskus erinnere die Gläubigen daran.

Spontaner Segen für den Papst

Der Patriarch nannte Franziskus seinen Bruder. Ihre Beziehung könne zwar nicht die lehrmäßigen und theologischen Differenzen zwischen ihren Kirchen umfassen, diese seien von einem Jahrtausend der Trennung geformt. Aber die persönliche Dimension ihrer Beziehung spiele eine wichtige Rolle auf dem Weg der Versöhnung von katholischer und orthodoxer Kirche, so Bartholomaios.

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Er erklärte auch eine für ihn überraschende Geste des Papstes während einer gemeinsamen Andacht am 29. November 2014 in der Türkei. Franziskus hatte damals während der Liturgie sein Haupt vor dem Patriarchen gebeugt. "Die Kraft der Demut ist immer überraschend," sagte Bartholomaios nun und fügte hinzu: "Unsere Antwort war eine Segensgeste, die ein Akt des spontanen Wohlwollens war und die einzig richtige Antwort auf echte Liebe." Jahrhundertelang seien die beiden Schwesterkirchen von Feindseligkeiten geprägt gewesen. Aber das griechische Wort für Segen bedeute "von jemandem gut sprechen", also das genaue Gegenteil von Verfluchungen. Deshalb habe er auf die wohlwollende Geste des Papstes mit einem spontanen Segen reagiert.

Das Verhältnis zwischen den beiden gilt von Beginn des Franziskus-Pontifikats an als sehr herzlich und freundschaftlich. Zur Amtseinführung im März 2013 war Bartholomaios als erster Ökumenischer Patriarch überhaupt in den Vatikan gereist. Seitdem sind sie sich mehrfach begegnet – im Vatikan und auf Papstreisen etwa in Israel und Ägypten. (luk)