Geistliches Zentrum Sankt Peter ist Ort der Stille

Hier darf jeder ins Kloster

Veröffentlicht am 25.10.2017 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Klosterbibliothek im Geistlichen Zentrum Sankt Peter hat barocke Wand- und Deckenverzierungen.
Bild: © KNA
Gesellschaft

Sankt Peter auf dem Schwarzwald ‐ Mitten im Schwarzwald liegt das Geistliche Zentrum im früheren Kloster Sankt Peter: Hier kann man in barocken Räumen die Stille entdecken. Das Konzept ist noch nicht alt - und schon sehr nachgefragt.

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Hier ist der Schwarzwald so, wie ihn Touristiker als Natur- und Ferienidyll vermarkten: tiefe Täler, die mächtigen Dächer der Schwarzwaldhöfe, Nebel, den der Herbstwind durch gelb-rot verfärbte Laub- und immerdunkle Nadelwälder treibt. Am Ende der kurvenreichen Fahrt - 30 Autominuten sind es von Freiburg - tauchen die Kirchturmspitzen der Klosteranlage von Sankt Peter auf.

Hinter dicken Mauern ein Meditationsraum mit barockem Deckengemälde: ein weißer Wollteppich, eine bronzene Klangschale. Maritta Lieb kniet mit geschlossenen Augen auf ihrer hölzernen Meditationsbank. "Ich kann hier ganz zu mir kommen. Ruhe, Stille, Meditation und Gebet helfen, mein Leben nochmals ganz neu mit Gott in Kontakt zu bringen." Wo über Jahrhunderte Mönche beteten und heilige Schriften für ihre berühmte Bibliothek sammelten, ist in den vergangenen Jahren Neues entstanden: Das Geistliche Zentrum des Erzbistums Freiburg versteht sich als Rückzugsort und Meditationsschule, als Haus der Stille und des Gebets. "Wir haben das Schweigen verlernt, die Meditation in Stille. Wir wollen diese alte christliche Tradition neu leben und verbreiten", sagt Zentrumsleiter Arno Zahlauer. Der Erfolg gibt ihm Recht, zu den Kursen kommen jährlich rund 1.000 Teilnehmer. Etwa für ein Einkehrwochenende oder für die besonders intensiven, ignatianischen Einzelexerzitien über 30 Tage.

Vier Menschen knien meditierend im Halbkreis in einem lichtdurchfluteten Raum.
Bild: ©KNA

Teilnehmer am Kurs zum "Geistlichen Begleiter" knien im Meditationsraum des Geistlichen Zentrums Sankt Peter im Schwarzwald.

In Sankt Peter, bei der jährlichen Tagung "Für eine Kultur der Kontemplation" entstand die Idee zu einer "Woche der Stille", die sich in der Gesellschaft auswirken soll. Anfang November wird sie in Freiburg zum dritten Mal von einem interreligiösen Team organisiert. "Für den Theologen Johann Baptist Metz ist 'Unterbrechung' die kürzeste Definition von Religion. Wer im Alltag Gelegenheiten des bewussten Innehaltens findet, erlebt eine enorme Stärkung", ist Aktionswochenorganisator Pfarrer Michael Schweiger überzeugt. Im Blick auf eine beschleunigte Arbeitswelt und die Digitalisierung aller Lebensbereiche ist jeder vom 5. bis 12. November eingeladen, um Punkt zwölf Uhr fünf Minuten innezuhalten, egal wo man gerade ist. Zudem gibt es gestaltete Meditationen und Retreats im Münster und einem Gemeindezentrum. Ein ähnliches Konzept gibt es bundesweit bislang nur in Frankfurt.

Auch binnenkirchlich will das Zentrum Veränderungen anstoßen. In Reaktion auf die kirchlichen Strukturdebatten mit XXL-Pfarreien und Priestermangel will das Team des Geistlichen Zentrums das Augenmerk auf die individuelle Seelsorge im besten Wortsinn richten. Neben dem klassischen Kursprogramm bildet das Zentrum Multiplikatoren für die kirchliche Seelsorge aus. Etwa mittels eines aufwendigen Kurses zum "geistlichen Begleiter".

Ein neues Suchen nach Sinn

Die Sigmaringer Gemeindereferentin Maritta Lieb steht kurz vor dem Abschluss ihrer zweijährigen Zusatzausbildung in Sankt Peter. "Es ist viel vom Schwund des Glaubens die Rede; ich erlebe im Gespräch mit den Christen in meiner Gemeinde aber auch ein neues Suchen nach Sinn und danach, wie Gott in meinem Leben Raum erhalten kann." Dies betreffe Junge wie Ältere, die etwa bei Lebenswenden auf sie zukommen. "Wenn ich dieser anspruchsvollen Seelsorge gerecht werden will, braucht es eine professionelle Ausbildung. Deshalb bin ich hierhin gekommen."

Inzwischen gibt es bistumsweit ein von Sankt Peter koordiniertes Netz von rund 150 geistlichen Begleitern. Das hat sich herumgesprochen, fast täglich wenden sich Menschen in Krisen an Annette Traber, die an Seelsorger vor Ort vermittelt. "Es geht uns um langfristige Begleitung, nicht nur um Akutseelsorge. Eine Aufgabe, für die im durchgetakteten Alltag vieler Gemeindepriester kaum Zeit bleibt." Erstmals nehmen am diesjährigen Begleiterkurs zwei Priester teil. "Ich will Pfarrer für den Beichtstuhl, nicht für den Schreibtisch sein", sagt Torsten Ret. Auch Erzbischof Stephan Burger argumentiert, dass Glaube wesentlich von Spiritualität und der Bereitschaft lebe, Gott im Alltag hören zu wollen. "Weil unsere Welt zunehmend lauter und hektischer geworden ist, muss es Orte und Räume geben, in denen das leichter fällt als im alltäglichen Umfeld."

Von Volker Hasenauer (KNA)

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