Eritreischer Flüchtling wird zum Priester geweiht
Dieser Mann hätte in seinem Leben viele Gründe gehabt, an Gottes Liebe zu zweifeln: Zuerst floh er aus Eritrea, einem der ärmsten und korruptesten Länder der Welt, weil er dort von der Staatspolizei bedroht wurde und keine Arbeit fand. Im Nachbarland Sudan steckte man ihn ins Gefängnis, weil er mit Schleusern in Kontakt stand. Auf der Überfahrt von Libyen nach Italien bangte er schließlich auf dem Mittelmeer acht Stunden auf einem völlig überfüllten Boot mit 600 anderen Flüchtlingen um sein Leben, bis ihn die italienische Küstenwache rettete.
Doch Medhanie Uqbamichael Yohannes verlor seinen Glauben nicht, im Gegenteil: An diesem Samstag wird der 35 Jahre alte Mann aus dem ostafrikanischen Eritrea in St. Hedwig in Frankfurt zum Priester geweiht. Eine "schlimme und dunkle Zeit" sei die mehrmonatige Flucht für ihn gewesen, sagt Uqbamichael heute. Doch für ihn steht fest: "Gott liebt mich". Und: "Priestersein ist meine Berufung.
Seine Familie war "stark im Glauben"
Es ist das erste Mal, dass ein eritreischer Flüchtling in Deutschland zum Priester geweiht wird, wie das Bistum Limburg am Freitag mitteilte.
Uqbamichael wird 1982 in Guba einem kleinen Dorf im Landesinneren von Eritrea geboren. Den christlichen Glauben bekommt er in die Wiege gelegt. "Niemand aus meiner Familie konnte lesen oder schreiben, aber sie war stark im Glauben", erzählt er. Er gehört der eritreisch-katholischen Kirche an. Sie zählt insgesamt rund 150.000 Mitglieder in dem ostafrikanischen Land. Das sind ungefähr fünf Prozent der Bevölkerung.
In Eritrea tritt Uqbamichael in ein Priesterseminar ein, studiert Theologie an einer kirchlichen Hochschule und beendet sein Studium im Jahr 2013. Doch eine Zukunft hat er wie viele seiner Altersgenossen in dem von Präsident Isayas Afewerki autoritär regierten Land nicht. Als ihn auch noch die Staatspolizei bedroht, entschließt er sich zur Flucht.
Im Mai 2015 kommt Uqbamichael nach Deutschland. Das Leben hier ist ihm zunächst fremd. Der Eritreer kann sich nur schwer daran gewöhnen. Ein Integrationskurs und vor allem der Kontakt mit der eritreisch-katholischen Gemeinde in Frankfurt brechen schließlich das Eis. Das Leben in Deutschland sei sehr schnell, sagt er. "In Eritrea lesen wir aus Büchern. In Deutschland ist alles im Internet." Auch das Alleine-Leben fällt dem Mann schwer, der es aus seiner Heimat gewohnt ist, dass mehrere Generationen einer Familie unter einem Dach leben.
Gottesdienste können drei bis vier Stunden dauern
Ähnlich sieht sein Weg zum Priesteramt aus: Als er im April 2017 nach Limburg in das Missionshaus der Pallotiner zieht, muss er nicht nur einen Deutsch-Sprachkurs besuchen, sondern auch eine Fahrschule: Er braucht als Priester einen Führerschein. Und auch die lateinische Liturgie ist für den Mann aus Eritrea Neuland. Denn in seinem Heimatland werden die Gottesdienste nach dem äthiopischen Ritus gefeiert, der auch "Ge'ez Ritus" genannt wird. Das kann schon mal länger werden. "Unsere Gottesdienste können manchmal drei, manchmal auch vier Stunden dauern", berichtet er. Und statt der Orgel gibt es Trommeln. Nun muss er sich kürzer fassen und das Gotteslob studieren.
Zum Priester geweiht wird Uqbamichael an diesem Samstag in Frankfurt von einem Bischof aus seinem Heimatland Eritrea. Auch die Priesterweihe wird im Ge'ez-Ritus gefeiert. Weihbischof Thomas Löhr, der das Bistum Limburg vertritt, dürfte es daher schwer fallen, dem sprachlichen Geschehen zu folgen. Denn Liturgiesprache des Ge'ez Ritus ist altäthiopisch.
Der Wahlspruch, den der Eritreer für seine Priesterweihe ausgesucht hat, lässt erahnen, wie es in seinem Heimatland zugeht: "Verleih daher deinem Knecht ein hörendes Herz, damit er dein Volk zu regieren und das Gute vom Bösen zu unterscheiden versteht". Als Priester will er auch selbst stets ein offenes Ohr für die Anliegen der Menschen haben. "Ich will alle Menschen einladen zum Glauben zu kommen".