Geistlicher wusste von Selbstmord-Plänen eines Gläubigen

Beichtgeheimnis eingehalten: Priester vor Gericht

Veröffentlicht am 15.11.2017 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Justiz

Brügge ‐ Ein Gläubiger hatte ihm seine Selbstmord-Pläne gebeichtet. Der belgische Geistliche unternahm jedoch nichts - wegen des Beichtgeheimnisses - und steht nun vor Gericht. Aber da geht es noch um viel mehr.

  • Teilen:

Ein belgischer Priester aus Brügge muss sich vor Gericht verantworten, weil er von den Selbstmordplänen eines Gläubigen wusste, aber nichts unternahm. "Ich habe alles getan, was in meiner Macht stand, damit er keine voreiligen Schritte unternimmt", sagte der Priester laut belgischen Medienberichten am Mittwoch aus. Er habe aber das Beichtgeheimnis nicht brechen wollen. Nach der Anhörung entschieden die Richter, dass sich der Geistliche vor einer Strafkammer verantworten müsse.

Im Oktober 2015 hatte sich der bereits länger unter Depressionen leidende Mann das Leben genommen. Vorher hatte er eine Stunde mit einem Priester telefoniert und Textnachrichten ausgetauscht. Die Witwe entdeckte die Nachrichten nach dem Tod ihres Mannes und reichte Klage gegen den Priester ein. Sie wirft ihm Untätigkeit vor, obwohl er von den Selbstmordplänen gewusst habe und die Adresse des Mannes kannte.

Weitreichende Folgen für Priester

Der Professor für Kirchenrecht der Katholischen Universität in Löwen, Rik Torfs, sagte, dass der Fall weitreichende Folgen haben könnte. Priester, die das Beichtgeheimnis brächen, drohe nach Kirchenrecht die Exkommunikation, also der Ausschluss aus der kirchlichen Gemeinschaft (CIC, Can, 1388 § 1). Sollte der Priester für schuldig erklärt werden, so Torfs, könnten Priester in Zukunft nur noch wählen, was das "kleinere Übel" darstelle: Eine Bestrafung durch die Justiz oder die Kirche. Torfs stellte zudem klar, dass es keinen Unterschied mache, dass das Gespräch telefonisch und nicht im Beichtstuhl stattgefunden habe. In besonderen Fällen könnten Beichtgespräche auch an anderen Orten durchgeführt werden, so Torfs.

Das, was während der Beichte gesagt wurde, steht nach dem Kirchenrecht unter einem besonderen Schutz. "Das Beichtgeheimnis ist unverletzlich", heißt es da, "dem Beichtvater ist es daher streng verboten, den Pönitenten [den Beichtenden] durch Worte oder auf irgendeine andere Weise und aus irgendeinem Grund irgendwie zu verraten". (CIC, Can. 983 §1). In Deutschland können sich die Priester auch vor Gericht darauf berufen: Die Strafprozessordnung (§53) etwa sieht ein Zeugnisverweigerungsrecht für Berufsgeheimnisträger vor. Das erlaubt Geistlichen, in Bezug auf das ihnen in der Seelsorge Anvertraute die Aussage zu verweigern. Außerdem besteht für sie in diesem Zusammenhang keine Anzeigepflicht für geplante Straftaten (StGB, §139). (jhe/KNA)

15.11.2017, 17:02 Uhr: Artikel aktualisiert. /jhe

Player wird geladen ...
Video: © Mediaplus X und Bernward Medien

Ein Beitrag der Serie "Katholisch für Anfänger". Die Zeichentrickserie erklärt auf einfache und humorvolle Art zentrale Begriffe aus Kirche und Christentum. In dieser Folge geht es um die Beichte und ihre Bedeutung im christlichen Glauben.

Linktipp: Der besondere Schutz der Beichte

Auch in Australien wird derzeit über das Beichtgeheimnis diskutiert, etwa, ob es bei Missbrauchsfällen aufgehoben werden soll. Doch die Beichte ist dort gesetzlich abgesichert. Wie sieht es in Deutschland aus?