"Besorgniserregende Entwicklung"
In Lateinamerika werden 60 Prozent der Treibhausgase auf die Zerstörung des Regenwaldes zurückgeführt. Peru ist eines der Länder, das aufgrund der Zunahme von langanhaltenden Trockenzeiten und vermehrt auftretendem Starkregen zu den Leidtragenden zählt. Eine wachsende Zahl von Überschwemmungen und Erdrutschen sowie sich ausdehnende Wüsten sind die Folge. Das Gastgeberland des Klimagipfels ist durch die Abholzung des Regenwaldes aber auch einer der Mitverursacher des Klimawandels.
"Für uns als Katastrophenhilfswerk ist diese Entwicklung Besorgnis erregend", sagte Müller. Angesichts der Zunahme extremer Wetterphänomene sei eine wirksame Katastrophenvorsorge ohne den Schutz der natürlichen Ressourcen nicht mehr möglich. Wer die Menschen vor Naturkatastrophen effektiv schützen wolle, der müsse auch bereit sein, den Regenwald zu schützen, so Müller, der als Teil einer Delegation des Entwicklungshilfeministeriums am Klimagipfel teilnimmt.
Knapp zwei Wochen Beratungen
Die 20. Weltklimakonferenz findet vom 1. bis 12. Dezember in Lima statt. Daran nehmen die Vertreter von 195 Vertragsstaaten teil, die der 1992 verabschiedeten UN-Klimarahmenkonvention beigetreten sind. Sie beraten über die Grundzüge eines neuen Klimaabkommens, das 2015 in Paris beschlossen werden soll.
Ebenfalls im Vorfeld des Gipfels betonten Klima- und Entwicklungsexperten bei einer Misereor-Konferenz in Berlin die Notwendigkeit von "massiven Anhebungen der EU-Klimaschutzziele". Andernfalls seien die bisherigen Erfolge der Armutsbekämpfung in Gefahr. Der Potsdamer Klimaforscher Ottmar Edenhofer bezeichnete bei dem Expertentreffen den Glauben an ein Zeitalter der erneuerbaren Energien als Illusion. "Wir befinden uns in einer Renaissance der Kohle und der fossilen Energieträger", so Edenhofer. Der daraus resultierende Klimawandel bedrohe vor allem arme Länder und erhöhe weltweit die soziale Ungleichheit, betonte der Chefökonom des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung.
Fehler der Industriestaaten nicht wiederholen
Zustimmung erhielt Edenhofer von Misereror-Geschäftsführer Pirmin Spiegel. "Der Klimawandel verstärkt die Ungerechtigkeit zwischen armen und reichen Ländern", sagte er. Und: Klimaschutz sei die beste Katastrophenvorsorge und ein wichtiger Schutz vor weiterer Armut. Deutschlands Verantwortung für den Klimaschutz werde nicht geringer, nur weil andere Länder immer mehr zum Klimawandel beitragen.
Die Industrieländer hätten die Atmosphäre bereits so stark mit Treibhausgasen überladen, dass sogenannte Entwicklungsländer denselben Klima- und Entwicklungspfad gar nicht wiederholen könnten, sagte Spiegel. "Deshalb müssen wir in Vorleistung für einen klimafreundlichen Entwicklungspfad gehen." Der Misereor-Geschäftsführer forderte, die Nutzung fossiler Rohstoffe zur Energiegewinnung global bis zum Ende des Jahrhunderts zu beenden.
Von Björn Odendahl