Adam Boniecki angeblich im Widerspruch zur Kirchenlehre

Prominenter Pater erhält Interviewverbot

Veröffentlicht am 20.11.2017 um 09:45 Uhr – Lesedauer: 
Polen

Warschau  ‐ Adam Boniecki soll Gläubige "verwirrt" und "empört" haben - und zwar weil er positiv über Homosexuelle sprach und einen Selbstmörder beerdigte. Jetzt reagiert sein Orden. Doch Boniecki wehrt sich.

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Einer der bekanntesten polnischen Kirchenjournalisten darf künftig keine Interviews mehr geben. Die polnische Provinz der Marianer-Kongregation untersagte dem früheren Chefredakteur der katholischen Wochenzeitung "Tygodnik Powszechny" und Generaloberen des Ordens, Adam Boniecki (83), laut einer Mitteilung vom Wochenende sämtliche Äußerungen in den Medien. Boniecki habe sich im Widerspruch zur kirchlichen Morallehre zu Selbstmord und sexuellen Minderheiten geäußert und damit unter Gläubigen "völlige Verwirrung und Empörung" ausgelöst, begründete der Sekretär der Ordensprovinz, Piotr Kieniewicz, die Entscheidung.

Lediglich die Zusammenarbeit mit seiner liberalen Zeitung "Tygodnik Powszechny", die er von 1999 bis 2011 leitete und für die er seither als Kolumnist tätig ist, sei dem Pater weiter erlaubt. Auf seiner Internetseite wies das Blatt die Vorwürfe gegen Boniecki zurück. Der Ordensmann habe sich in Übereinstimmung mit dem Katechismus, dem Handbuch des katholischen Glaubens, gegen die Diskriminierung von Homosexuellen ausgesprochen. Dort heiße es, Personen mit dieser Neigung sei "mit Achtung, Mitleid und Takt zu begegnen". Boniecki sei "Opfer der Manipulation" eines Interessenverbandes für schwule, lesbische, bi- und transsexuelle Menschen (LGBT) geworden, der eine Kooperation mit dem Geistlichen vorgetäuscht habe.

Reagierte Orden auf Beerdigung eines Selbstmörders?

Der Orden reagiert mit der Strafe offenbar auch darauf, dass Boniecki am vergangenen Dienstag einen Mann in Krakau beerdigt hatte, der sich Wochen zuvor aus Protest gegen die Regierung in Warschau auf dem Platz vor dem Kulturpalast angezündet hatte. In seiner Predigt hatte Boniecki betont: "Ich billige keinen Selbstmord, aber dieser Mensch hat um Dinge gebeten, die für uns alle wichtig sind." Welche Aussagen zu Selbstmord und sexuellen Minderheiten der Orden konkret beanstandet, sagte Kieniewicz nicht.

Bereits von 2011 bis Juli diesen Jahres hatte die Ordensprovinz Boniecki Aussagen gegenüber Medien verboten. Als Anlass galt damals Bonieckis Kritik am Konfrontationskurs einiger Bischöfe gegen die antiklerikale Partei "Palikot-Bewegung" und den Musiker Adam "Nergal" Darski, dem "Satanismus" vorgeworfen wurde. Von 1979 bis 1991 hatte Boniecki die polnischsprachige Ausgabe der Vatikanzeitung "Osservatore Romano" geleitet. (KNA)