Münchener Erzbischof warnt vor "falschem Klerikalismus"

Kardinal Marx für mehr Laien in der Kirchenleitung

Veröffentlicht am 27.12.2017 um 09:49 Uhr – Lesedauer: 
Kardinal Marx für mehr Laien in der Kirchenleitung
Bild: © KNA
Kirche

München/Freiburg ‐ Sei es in der diözesanen Verwaltung oder sogar in der Kurie – Kardinal Reinhard Marx spricht sich mehr Laien in Leitungspositionen aus. Gleichzeitig warnt er vor "falschem Klerikalismus".

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Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, hat sich für mehr Nicht-Priester in der Kirchenleitung ausgesprochen. Dies gelte nicht nur für die Verwaltung von Bistümern, sondern auch für den Vatikan, machte Marx in einem Interview der "Herder-Korrespondenz" (Januar) deutlich: "Es ist nicht so, als müssten wie in den vergangenen Jahrzehnten alle Kongregationen und Räte nur von Kardinälen geleitet werden. Dafür gibt es keine theologische Notwendigkeit."

Marx ergänzte: "Es schädigt langfristig die Rolle der Priester, wenn wir einen falschen Klerikalismus befördern, wo die einen leiten und die anderen geleitet werden." Die Gefahr einer Kirchenspaltung angesichts des Widerstands gegen den Kurs von Papst Franziskus sehe er nicht, sagte der Münchner Erzbischof. "Man darf sich ruhig streiten; Diskussion ist doch auch ein Zeichen dafür, dass wir eine lebendige Gemeinschaft sind." Die Kirche könne mit einer produktiven Streitkultur Vorbild sein in einer Zeit, in der manche öffentlichen Debatten nicht zielführend seien.

"Freundschaft erweitert die Möglichkeiten"

Der Kardinal würdigte zudem das individuelle moralische Empfinden der Gläubigen: "Die tiefste Entscheidung wird im Gewissen gefällt." Dies sei immer kirchliche Lehre gewesen und solle die Menschen zu einer größeren Freiheit führen. Die Gläubigen müssten dabei jedoch "vor die ganze Wirklichkeit des Glaubens geführt werden und die Stimme der Kirchen hören". Es reiche nicht zu sagen, man wisse selber, was für einen gut sei. Damit bezog sich der Münchener Erzbischof auf Themen wie Sexualmoral und Homosexualität, in denen Kritikern der Kirche eine rückständige Haltung vorwerfen.

Über seine Freundschaft mit dem Bayerischen Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm zeigte sich Marx erfreut: "Freundschaft erweitert die Möglichkeiten, den Anderen zu verstehen und vom Anderen her zu denken." Beide hätten Papst Franziskus einen Bericht über das Reformationsgedenken und aktuelle Fragen der Ökumene geschickt. Derzeit müsse auch an einer Möglichkeit zum gemeinsamen Kommunionempfang für konfessionsverbindende Ehepaare gearbeitet werden.

Marx gehört dem Kardinalsrat "K9" an, der den Papst bei der Kurienreform berät und engen Kontakt zu ihm hat. (rom/dpa)

27.12.2017, 12 Uhr: ergänzt um weitere Aussagen von Kardinal Marx zu Gewissen und Ökumene. /rom