Bibelwerk-Vorsitzender weist Mertes-Kritik an Revision zurück

"Heilsame Irritation" durch neue Einheitsübersetzung

Veröffentlicht am 27.12.2017 um 13:15 Uhr – Lesedauer: 
Bibel

Bonn ‐ Zu ungewohnt, für das Gebet ungeeignet: Der Jesuit Klaus Mertes hat jüngst kaum ein gutes Haar an der neuen Bibelübersetzung gelassen. Nun widerspricht der Vorsitzende des Bibelwerks.

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Der Vorsitzende des Katholischen Bibelwerks, Michael Theobald, verteidigt die neue Einheitsübersetzung. In der Herder-Korrespondenz (Januar) reagiert der Theologe auf die Kritik des Jesuiten Klaus Mertes, die dieser in derselben Zeitschrift geäußert hatte. Ziel der neuen Übersetzung sei es gewesen, durch "größere Urtext-Nähe neugierig" zu machen, außerdem wolle man die Leser "zu eigenen Entdeckungsreisen ermuntern", so Theobald. Die durch ungewohnte Formulierungen entstehenden Irritationen seien "heilsam" und führten zu "vertieftem Nachdenken".

Mertes hatte besonders die Eignung der neuen Übersetzung für den gottesdienstlichen Gebrauch bezweifelt und eine Rücknahme der Übersetzung gefordert. Neben der Übersetzung der Psalmen hatte sich der Jesuit an Zitaten des Alten Testaments im Neuen Testament gestört. Diese werden teilweise anders als an ihrer Quelle übersetzt werden, was sie "zumal für Laien-Ohren [...] als Zitate schwerer erkenntlich" mache.

Näher am Urtext

Tatsächlich klängen einige Psalmen in der neuen Einheitsübersetzung "rauer und verlangen nach Betern, denen die Worte nicht einfach über die Lippen gleiten", entgegnet Theobald, der selbst an der Revision der Einheitsübersetzung beteiligt war. Dies sei einer textnäheren Übersetzung geschuldet. Den Anspruch, dass Zitate aus dem Alten Testament im Neuen wortgleich übersetzt werden müssten, weist er zurück: "Immer noch geistert in den Köpfen die Vorstellung herum, Altes und Neues Testament griffen wie Verheißung und Erfüllung bruchlos ineinander." Stattdessen verdeutliche die jeweils eigenständige Übersetzung, dass erst der "christliche Standort" die Stellen des Alten Testaments hin auf Christus deuten lasse, "nicht umgekehrt, als hätten die Propheten schon immer auf Christus vorausverwiesen (und die Juden sie nur nicht verstanden)."

Der emeritierte Professor für Neues Testament Theobald hofft darauf, "dass die neue Einheitsübersetzung die Kraft besitzt, der Erneuerung in allen Lebensbereichen der Menschen und der Kirche zu dienen". (fxn)

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Der Neutestamentler Thomas Söding widerspricht einer Forderung von Pater Klaus Mertes, die neue Einheitsübersetzung zurückzunehmen. Aber ein paar Korrekturen wären auch aus seiner Sicht dringend nötig.